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Mankell ist vor allem als Autor der Wallander-Krimis bekannt und beliebt, seine übrigen Werke sind vergleichsweise weniger bekannt. Immer wieder beschäftigt sich Mankell, der einen Großteil des Jahres selbst in Mosambik lebt, mit dem Kontinent Afrika und dem dortigen Leben. So auch in seinem neusten Roman "Erinnerung an einen schmutzigen Engel".
Die junge Schwedin Hanna muss ihr Elternhaus nach dem Tod des Vaters verlassen und selbst für ihr Auskommen sorgen. Die Mutter schickt sie in die Stadt, um dort Dienstmädchen zu werden, doch alles kommt anders. Die erhofften Verwandten sind nicht auffindbar, Hanna ist ganz allein. findet aber zum Glück in Forsmann tatkräftige Hilfe. Der Mann kümmert sich um das naive Mädchen und bringt sie auf einem seiner Schiffe unter, wo sie auf dem Weg nach Australien als Köchin ein Auskommen finden soll. Wiederum hat das Leben aber andere Pläne mit Hanna: Sie verliebt sich auf dem Schiff, diese Liebe endet aber tragisch, so dass sie - zum ersten Mal in ihrem Leben alleine - beschließt, das Schiff zu verlassen. Sie mietet sich in einem Hotel ein, dass sich bald als Bordell entpuppt. Schnell heiratet Hanna den Besitzer Senor Vaz, doch sein plötzlicher Tod bringt ihr Leben wieder auf eine andere Bahn. Als Besitzerin des Bordells ist sie auf einmal auf sich alleine gestellt und muss die Geschäfte ihres Mannes weiterführen, wenn sie weiterhin ein Auskommen haben will. Während sie versucht, ihren Weg zu machen, muss sie auch ihre eigenen Einstellungen überdenken. Hat sie am Anfang noch unreflektiert die Meinung der weißen Südafrikaner übernommen, dass die schwarze Bevölkerung gefährlich und nur zum Sklaventum geeignet ist, ändert sie langsam ihre Meinung und nimmt Anteil am Schicksal der Unterdrückten.
Ein paar kurze Notizen über eine Schwedin, die aus dem Nirgendwo auftauchte, dann Besitzerin eines Bordells mit großem Vermögen wurde und auf einmal wieder spurlos verschwand war alles, was Henning Mankell als Grundlage für diesen Roman zur Verfügung hatte. Doch aus diesen Bruchstücken hat er einen Charakter erschaffen, der das Zeug zur Faszination hat.
Allerdings wird diese Anlage leider nicht genutzt. Hanna, die junge Schwedin, die vollkommen mittellos in Mosambik strandet und durch Zufälle zur vermögenden Frau aufsteigt, wird nie wirklich zum zentralen Punkt für den Leser. Sie wirkt sehr spröde, übernimmt die schlechte Meinung der weißen Bevölkerung Mosambiks zunächst unreflektiert, wandelt sich dann aber in das genaue Gegenteil um. Die Meinungsänderung dieser ungebildeten Frau ist zu schnell, um wirklich schlüssig zu sein. Zudem kommt das sprachliche Niveau einfach nicht an das heran, was man von Mankell gewöhnt ist. Das mag daran liegen, dass Hanna selbst nicht geschliffen spricht, ist aber für den Leser leider sehr gewöhnungsbedürftig und verhindert einen angenehmen Lesefluss. Zudem ist sie ein Spielball der Handlung. Alles geschieht mit ihr, nur sehr selten ergreift sie selbst Initiative und bestimmt ihr Leben mit. Viel zu oft aber ist sie passiv und nimmt einfach in Kauf, was mit ihr geschieht. Auch dadurch ist sie zumindest anfänglich alles andere als eine sympathische Protagonistin.
Mankell, der Mosambik mittlerweile selbst als seine "Heimat" bezeichnet, beschäftigt sich zu sehr mit dem durch die Apartheid begangenen Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten. Immer wieder wird betont, dass beide Seiten zu viel Angst voreinander haben, dass diese Angst der wahre Grund für Missverständnisse und Rassenhass ist. Dabei ist seine eigene Meinung auf allen Seiten vorherrschend, so dass man fast das Gefühl hat, eine Belehrung gegen Diskriminierung und gegen die "weiße Art" zu leben zu lesen als einen Roman, der sich mit dem Leben einer jungen Frau beschäftigt. Viele Autoren vermitteln mit ihren Büchern eine Botschaft. Allerdings übertreibt Mankell es hier dermaßen, dass die Botschaft die eigentliche Handlung des Romans überlagert.
"Erinnerung an einen schmutzigen Engel" hält leider nicht das ein, was Titel und Kurzbeschreibung versprechen. Man hofft auf eine spannende Geschichte einer Persönlichkeit, die gegen die Hindernisse ihrer Zeit Toleranz und Nächstenliebe übt und dabei ihren eigenen Weg geht. Man findet aber einen hilflosen Spielball verschiedenster Umstände, der nur versucht, irgendwie nicht unterzugehen.