Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Kurzgeschichten und kurze Prosatexte erfreuen sich gerade im schulischen Bereich einer großen Beliebtheit. Dies mag nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, dass sich diese oft ideal in den 45-Minuten-Rhythmus einbinden lassen.
Mit dem neuen Buch des renommierten Deutschdidaktikers Kaspar H. Spinner erhalten Lehrende nun eine fundierte theoretische Einführung gepaart mit zahlreichen Anregungen für die Unterrichtspraxis.
Ausgangspunkt bildet hierbei zunächst eine Typologie des Sammelbegriffs "Kurze Prosa", bei welcher ersichtlich wird, wie breit gefächert dieses Werk in gattungstheoretischer Hinsicht ist. Anschließend geht der Verfasser kurz auf die "Geschichte der Didaktik kurzer Prosa" ein, bevor im Nachfolgenden Zielsetzungen formuliert werden, die durch den Umgang mit kurzen Prosatexten gefördert werden können. Ergänzt wird dies durch das Kapitel "Beobachtungen zur altersspezifischen Entwicklung des literarischen Verstehens", welches beispielsweise die Genese der Perspektivenübernahme bei Kindern beziehungsweise Jugendlichen näher in den Blick nimmt, wodurch das literarische Lernziel "Perspektiven literarischer Figuren nachvollziehen" entwicklungspsychologisch unterfüttert wird.
Den Übergang zur praktischen Arbeit bildet das Kapitel "Methodische Bausteine", in welchem Kaspar H. Spinner fünfzehn Bausteine vorstellt, welche beim Umgang mit kurzen Prosatexten relevant sind. Diese reichen von kommunikationsorientierten "Vorlesegesprächen" beziehungsweise "literarischen Gesprächen" über die kognitiv orientierte "Analyse der Erzähltechnik" beziehungsweise der "Untersuchung sprachlicher Merkmale bis hin zu kreativ-gestaltenden Herangehensweisen wie das "bildnerische Gestalten" oder die "szenischen Interpretation".
Im letzten Kapitel, welches den Großteil des Buches einnimmt, werden diese methodischen Bausteine dann in sechzehn unterrichtspraktische Vorschläge eingebettet. Den Schwerpunkt bilden hierbei vor allem Beispiele zu den Klassenstufen der Sekundarstufe I (5. bis 10. Klasse), wobei einzelne Unterrichtsvorschläge wie "Bilder und Kürzestgeschichten von Erlbruch/Janisch" auch bereits im Grundschulbereich einsetzbar sind beziehungsweise speziell für die Sekundarstufe II konzipiert wurden (siehe "Schreiben zu Kurzprosatexten von Botho Strauß"). Auffällig ist zudem, dass bei den Vorschlägen eine große gattungstypologische Bandbreite abgedeckt wird, welche von Märchen (zum Beispiel "Der Wolff und die sieben Geißlein") bis zu modernen Kurzgeschichten (zum Beispiel "Wut oder was? Eine Kurzgeschichte von Marlene Röder") reicht.
Insgesamt überzeugt der Band vor allem durch überzeugende Praxisbeispiele, bei denen man merkt, dass der Autor viele Jahre lang aktiv in der Lehreraus- und fortbildung tätig war. Besonders gelungen ist hierbei, dass die die anfangs formulierten Lernziele literarischen Lernens immer wieder innerhalb der Unterrichtsbeispiele zum Tragen kommen.
Zudem zeigen die unterrichtspraktischen Vorschläge, wie die methodischen Bausteine konkret umgesetzt beziehungsweise in Verbindung gesetzt werden können. Besonders gelungen ist dies beispielsweise in dem Vorschlag "Hinter der Türe: Kurzprosatexte von Rolf Haufs und Nadja Einzmann", bei dem die einzelnen methodisch unterschiedlich ausgerichteten Aufgaben in ein Gesamtarrangement eingebettet werden. Anregend sind die Vorschläge vor allem auch dadurch, weil sie zeigen, wie abwechslungsreich Literaturunterricht mit Hilfe von Kurzgeschichten beziehungsweise kurzen Prosatexten gestaltet werden kann. Denn Spinner schafft es mit seinen Vorschlägen gängige konventionelle Unterrichtsmodelle zu durchbrechen und stattdessen kreative und vielfältige Lernarrangements zu schaffen, welche immer wieder von anregenden Arbeitsaufträgen getragen werden.
Hilfreich ist nicht zuletzt, dass immer wieder Schülerlösungen abgedruckt und analysiert werden, wodurch der Leser für den Wert von Schülerleistungen sensibilisiert wird.
Eine gute Umsetzung in die Praxis leistet auch die Aufbereitung der Texte, die teilweise durch kursiv gedruckte Arbeitsanweisungen innerhalb des Textes didaktisch aufbereitet sind. Zudem stehen die Texte ohne diese didaktischen Anweisungen als Downloadmaterial bereit, sodass die Texte schnell und einfach für den Unterricht verwendet werden können.
Alles in allem für jeden Deutschlehrer eine äußerst empfehlenswerte Anschaffung.
Einen Blick ins Inhaltsverzeichnis und in die Einleitung bietet die Verlags-Website.