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Roland, Susannah, Eddie, Jake und Oy haben die von Irrsinn und Verfall gezeichnete Stadt Lud endlich hinter sich gelassen – und damit auch die Gefahren und Schrecken, die der Tick-Tack-Mann und Blaine der Mono mit sich gebracht haben. Dass ihre nächste Station in Calla Bryn Sturgis ebenso viele gefährliche und schreckliche Dinge mit sich bringen wird, ahnen die fünf noch nicht. Vorerst folgen sie weiter dem Pfad des Balkens, immer in Richtung des Turms. Ihre Reise wird jedoch unterbrochen von einem verheerenden Orkan, vor dem sie sich in einem verlassenen Backsteinhaus in Sicherheit bringen. Während draußen der tödliche Sturm tobt, vertreibt Roland den anderen die Zeit, indem er ihnen zwei Geschichten erzählt: Wie er in jungen Revolvermann-Tagen gemeinsam mit Jamie de Curry in einem Ort namens Debaria einen "Fellmann", einen grausigen Gestaltwandler, zur Strecke brachte, und wie er selbst einem anderen Jungen eine Geschichte erzählte, um ihn abzulenken: die Geschichte vom "Wind durch das Schlüsselloch".
Nach dem siebten Band "Der Turm" schien Stephen Kings geniales Epos um Revolvermann Roland Deschain und seine Reise zum Dunklen Turm ein für allemal beendet – alle Geschichten waren erzählt, alle Fäden zusammengeführt, was die Leser mit großem Bedauern hinnahmen. Dass es jedoch noch so einiges zu erzählen gibt rund um Roland und sein bewegtes Leben, wurde nicht zuletzt mit der episch angelegten Graphic Novel "Der Dunkle Turm" klar, die Rolands Vorgeschichte und den Fall Gileads erzählt. Mit "Wind" hat King nun aber einen richtigen Roman vorgelegt, der den Turm-Zyklus erweitert. Er spielt zwischen den Ereignissen von "Glas" und "Wolfsmond", kann also quasi als Band 4.5 angesehen werden. Tatsächlich handelt es sich um drei ineinander verschlungene Erzählungen: Die Rahmenhandlung berichtet von dem Weg, den Rolands Ka-tet in Richtung Turm einschlägt, sie ist aber nicht weiter von Bedeutung und dient tatsächlich nur als Rahmen. Während die fünf Gefährten vor einem todbringenden Sturm Schutz suchen, erzählt Roland zwei längere Geschichten. Die erste, "Der Fellmann", ist eine klassische King-Mischung aus Horror, Fantasy und Abenteuer, die (mit anderer Besetzung) nicht zwingend im Turm-Universum hätte spielen müssen, die sich aber ganz wunderbar in die Reihe einfügt und die einiges über Rolands Leben als noch recht unerfahrenem Revolvermann preisgibt. Der Jagd nach dem mysteriösen Fellmann ist so spannend wie gruselig und liest sich großartig. Als Geschichte in der Geschichte ist "Der Wind durch das Schlüsselloch" konzipiert: Roland erzählt seinen Freunden hier ein typisches Mittwelt-Märchen voller klassischer Motive - Verrat, Rache, Magie und eine ebenso gefahr- wie fantasievolle Reise stehen im Mittelpunkt.
Um es klar zu sagen: Stephen King könnte wahrscheinlich auch einen Roman über Wurst schreiben oder über Versicherungen plaudern und die Leser würden trotzdem gebannt an seinen Lippen hängen. Er ist einfach ein großartiger Geschichtenerzähler, der sein Publikum mühelos in den Bann schlägt – sei es mit einer Geschichte über einen mordlüsternen Werwolf oder mit einem Märchen über einen Jungen, der auszieht, um seinen toten Vater zu rächen. "Wind" bringt das Turm-Universum nicht entscheidend voran, es handelt sich eher um einen kurzen Einschub – das aber in Form glänzender Unterhaltung. Nicht zuletzt ist es einfach nur schön, Roland, Eddie, Susannah, Jake und Oy noch einmal wiederzutreffen und ihren Erlebnissen zu folgen, auch wenn es nur von kurzer Dauer ist und jeder Leser des Zyklus ja weiß, wie die Handlung enden wird.
"Wind" ist für Turm-Fans unbedingt lesenswert und im Grunde auch für Leser geeignet, die den Mittwelt-Zyklus noch gar nicht kennen. Eine sehr knappe Zusammenfassung am Anfang gibt einen groben Überblick über den Schauplatz und Rolands Rolle in dieser sterbenden Welt.
Vor allem aber werden Fans des Revolvermanns die beiden kleinen, aber sehr packenden Episoden, die in "Wind" erzählt werden aus vollen Zügen genießen – ein spannendes, magisches, teils anrührendes, teils gruseliges Wiedersehen mit Roland und seinem Ka-tet!
Zur Leseprobe auf der Verlags-Website: Wind