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Edgar Allan Poe (1809-1849) ist auch heute noch der Meister des Schreckens und wird nach wie vor gern gelesen. Er ist vor allem durch seine Grusel- und Kurzgeschichten sowie durch so herausragende Gedichte, wie "Der Rabe" bekannt. Ferner sind einige spannende und geniale Kriminalgeschichten seiner Feder entsprungen, wobei fünf der Bekanntesten - dank des Insel-Verlags - in "Kriminalgeschichten: Das Beste vom Meister des Unheimlichen" versammelt sind.
So ermitteln Detektiv C. Auguste Dupin und sein unbekannter Begleiter gleich in drei Fällen. Die grausamen "Morde in der Rue Morgue" an Madame L'Espanaye und ihrer Tochter, Mademoiselle Camille, stellen die Polizei vor ein Rätsel. Denn die Bluttat geschah, allem Anschein nach, in einem von innen verschlossenem Raum, aus dem der oder die Täter nur hätten schwerlich flüchten können.
In "Der entwendete Brief" bittet der Pariser Polizeipräfekt den Meisterdetektiv Dupin, nachdem dieser schon einiges erfolgreich detektierte, einen gestohlenen Brief aufzuspüren, der als Druckmittel gegen eine aristokratische Dame eingesetzt wird. C. Auguste Dupin nimmt die Herausforderung an.
Durch seinen messerscharfen Verstand ist es Dupin möglich, der Polizei entscheidende Hinweise zum "Geheimnis um Marie Rogêt" zu geben. Jener jungen Pariser Frau, die plötzlich verschwindet und deren Leiche vier Tage später in der Seine entdeckt wird.
"Der Mann in der Menge" fasziniert einen namenlosen Flaneur so sehr, dass dieser das Kaffeehaus verlässt, - in dem er den ganzen Tag gesessen und von dort aus die verschiedensten Menschen beobachtet hat - um diesem verwahrlosten alten Mann durch die Straßen Londons zu folgen.
Ein mysteriöser Skarabäus, "Der Goldkäfer", bewegt den unbekannten Erzähler und seinen Freund Legrand dazu, nach dem sagenumwobenen Schatz des Piraten Captain Kidd zu suchen.
Edgar Allan Poe präsentiert in seinen fünf Geschichten (Mord-)Ermittlungen, die stark analytisch vorangetrieben werden, lange Monologe sowie Codes und Dechiffrierungen, welche die volle Aufmerksamkeit des Lesers verlangen.
Den Anfang bilden die drei Kriminalgeschichten mit dem scharfsinnigen Meisterdetektiv C. Auguste Dupin und seinem namenlosen Kollegen, der auch gleichzeitig der Ich-Erzähler ist. Dabei ist die Reihenfolge der zweiten und dritten Geschichte des Detektiv-Dous in dieser Sammlung vertauscht. Die beiden Protagonisten werden zunächst mit der Erzählung "Die Morde in der Rue Morgue" eingeführt und beginnen aus eigenem Interesse heraus, in dem Mordfall von Madame L'Espanaye und ihrer Tochter zu ermitteln - und entlarven damit einen ungewöhnlichen Täter. Um dies zu bewerkstelligen, erörtert der Detektiv - sehr ausführlich - allerhand Zeugenaussagen, bevor er sich den Ort des Geschehens selbst ansieht. Bei sämtlichen Ermittlungen entgeht Dupins scharfem Blick nicht das Geringste. Auffallend ist hier und in den anderen Geschichten, dass der Leser nicht sofort erfährt, was der Detektiv derzeitig untersucht oder erledigt, sondern dessen Beobachtungen und Schlussfolgerungen erst später (meist) in einem Monolog mitgeteilt bekommt, nachdem Dupin den Fall schon gelöst hat. Auch sind für Poe die oft namenlosen Zentralfiguren typisch.
Wem damit schon der erste Fall lang oder schleppend erscheint, der wird den dritten Fall ("Das Geheimnis um Marie Rogêt") von Dupin und seinem Begleiter als noch trockner oder zäher empfinden, da an diesen besonders analytisch herangegangen wird. Die Story "Der Goldkäfer" hingegen ist wirklich großartig und ließt sich deutlich flüssiger als die Kriminalfälle von Meisterdetektiv Dupin, da hier schon zu Anfang mehr Dialoge, aktive Handlung und weniger starke Analysen vertreten sind. Zudem wird die Schatzsuche des geheimnisvollen Erzählers und seines Freundes wirklich interessant und spannend geschildert.
Insgesamt sind Poes Kriminalgeschichten durchaus gelungen, sodass sich später sogar andere Autoren an ihnen orientierten und diese als Grundlage für ihre eigenen Geschichten nutzen. So zeigt Poes Detektiv-Dou beispielsweise deutliche Parallelen zu
Arthur Conan Doyles (1859-1930) Romanfiguren Sherlock Holmes und Dr. John H. Watson auf (der ebenfalls die Fälle des großen Ermittlers wieder gibt) und kann auch hier als Vorbild gelten.
Eine nette Zugabe sind die Anmerkungen zu den Erzählungen, die sich auf den letzten Seiten des Buches befinden. Dort sind neben den Originaltiteln einige Informationen, über die Entstehung der Geschichten, deren Erstveröffentlichung sowie Erklärungen und Übersetzungen einiger französischer Begriffe, vorhanden. Unter anderem erfährt der Leser hier, dass dem "Geheimnis der Marie Rogêt" ein realer Hintergrund zu Grunde liegt.
Fazit: Edgar Allan Poes hier vorliegende Erzählungen sind - ohne Frage - allesamt lesenswert und auf ihre eigene Art und Weise spannend, erfordern jedoch Konzentration und sollten daher nicht nur flüchtig gelesen werden. So mögen alle Poe Fans bei dieser tollen Sammlung (für einen kleinen Preis) zugreifen, sich zurücklehnen und sich einfach mal wieder Zeit für eine gute Geschichte nehmen.
Eine Leseprobe gibt es auf der Verlagsseite.