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 Fenster zum Tod

Autoren: Linwood Barclay
Übersetzer: Silvia Visintini
Verlag: Droemer

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Thomas verbringt seine Zeit am allerliebsten allein vor dem Computer, wo er die Welt mithilfe von "Whirl360" erkundet, einem Programm, das alle großen Städte komplett abfotografiert hat und so virtuelle Rundgänge via Internet ermöglicht. Thomas, der unter einer schizophrenen Störung leidet, träumt davon, eines Tages alle Straßen und jeden kleinsten Ort der Welt auswendig zu kennen. In einer Straße der gerade erkundeten Stadt macht er allerdings eine seltsame Entdeckung: In einem Fenster erblickt Thomas ein verzerrtes menschliches Gesicht, über das jemand scheinbar eine Plastiktüte gestülpt hat. Erstickt hier gerade ein Mensch, wird jemand ermordet, oder spielt Thomas' Fantasie ihm einen Streich und es handelt sich bloß um eine Schaufensterpuppe?
Mit der zufälligen Entdeckung geraten hochbrisante und lebensgefährliche Ereignisse ins Rollen, die von nationaler Bedeutung für die USA sind und die nicht nur Thomas' Leben auf den Kopf stellen, sondern vor allem das von Ray, der nach dem Tod seines Vaters bei Thomas eingezogen ist, um vorübergehend auf seinen psychisch auffälligen Bruder aufzupassen.

Mit "Fenster zum Tod" liefert Bestsellerautor Linwood Barclay sein wohl bisher bestes Buch ab und schafft eine ganz eigene Version von Hitchcocks Fenster zum Hof. Hier wird der Mord nicht durch ein echtes Fenster beobachtet, sondern bei einem virtuellen Rundgang in einem Programm, das an Google Earth erinnert - eine logische Weiterentwicklung in einer sich rasant entwickelnden Welt, in der fast nichts mehr im Geheimen geschieht und alles unter Beobachtung steht. Öfters liest man von Fällen, in denen die Google-Kameras Menschen in absurden Situationen festhielten und damit für die Öffentlichkeit unfreiwillig sichtbar machten. In diesem Thriller fuhr der Aufnahmewagen des fiktiven Kartendienstes "Whirl360" exakt in dem Moment vorbei, in dem ein Mord geschah. Doch Barclay baut seine Story nicht bloß auf dieses Verbrechen auf, er gibt der Handlung komplexere Dimensionen und entwickelt ein politisches Komplott, das bald immer mehr Leichen nach sich zieht.

Die handelnden Figuren, ob Berufskillerin, Erpresserin, Politiker oder Privatperson, sind allesamt sehr interessant gestaltet. Der Ich-Erzähler Ray, der Bruder von Thomas, ist zwar die Hauptperson, Barclay wechselt aber des Öfteren die Perspektive und verlässt seinen Ich-Erzähler zugunsten der Erlebnisse anderer Akteure, und von denen gibt es eine Menge.
Am interessantesten ist sicherlich Thomas, der wie ein Mensch mit Asperger-Syndrom wirkt, bisweilen extrem anstrengend und schwer zu durchschauen ist. Thomas' Inselbegabung ist sein fotografisches Gedächtnis, das alle Karten dieser Welt bis ins kleinste Detail speichert und jederzeit abrufbar macht. Der sozial extrem zurückgezogene Erwachsene glaubt an eine weltweite Verschwörung, die in der Zukunft alles Kartenmaterial komplett auslöschen und damit sein Talent sehr wertvoll machen wird. Daher mailt Thomas unbeirrbar dem Geheimdienst und führt vermeintliche Zwiegespräche mit dem US-Präsidenten, was bald schon die Bundespolizei auf den Plan ruft. Dieses Verhalten führt natürlich auch dazu, dass niemand so recht glauben will, was Thomas im Internet gesehen zu haben glaubt.
Ray, der leidgeprüfte Bruder, muss nach dem Tod des Vaters nicht nur ungewollt die Verantwortung für Thomas übernehmen - denn der kann sich kaum selbst ein Brot schmieren und würde ohne Aufsicht sicherlich völlig verwahrlosen -, er wird stückweise auch immer weiter in ein mörderisches Komplott hineingezogen. Zusätzlich beginnt er, am Unfalltod seines Vaters zu zweifeln und muss sich auch noch damit herumschlagen, dass Thomas durch sein seltsames Verhalten das Misstrauen des FBI auf sich zieht.

"Fenster zum Tod" ist kein Abklatsch von "Das Fenster zum Hof", dafür ist die Geschichte zu eigenständig und zu verschieden. Linwood Barclay ist mit dem Buch ein sehr rasanter, sehr packender und sehr unterhaltsamer Thriller gelungen, der durch viele Wendungen besticht und durch eine Hauptfigur, die an "Rain Man" erinnert und damit nicht nur den Ich-Erzähler, sondern auch den Leser bisweilen zur Verzweiflung treibt. Wirklich spannend und lesenswert!

Eine Leseprobe gibt es auf der Verlags-Website: "Fenster zum Tod"

Christina Liebeck



Taschenbuch | Erschienen: 2. November 2012 | ISBN: 978-3426213568 | Originaltitel: Trust Your Eyes | Preis: 14,99 Euro | 592 Seiten | Sprache: Deutsch

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