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 Von Kaffeeriechern, Abtrittanbietern und Fischbeinreißern

Berufe aus vergangenen Zeiten

Autoren: Michaela Vieser
Illustratoren: Irmela Schautz
Verlag: Pantheon

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Wer gerade eine köstliche Latte macchiato aus dem Automaten in der Küche vor sich hat, möchte sich wohl kaum vorstellen, wie es gewesen sein mag, als es noch Kaffeeriecher gab, die illegal erworbenen Kaffee aufspüren sollten, wie es ihn im 18. Jahrhundert reichlich gab, als eine restriktive Besteuerung den Schwarzmarkt entfesselte. Aber auch von vielen anderen der in dem hier besprochenen Buch erläuterten Berufe dürfte der potenzielle Leser noch nie gehört haben. Ahnen wir, welch harter Tätigkeit der Sandmann nachging, der den feinen Sand zum Scheuern guter Stuben gewann und vermarktete? Wenig Gedanken mag man sich auch beispielsweise um den Beruf des Köhlers machen, nach dem auch heute noch viele Menschen benannt sind, und der vor dem Einsatz der Steinkohle die für die Eisenproduktion unabdingbar wichtige Holzkohle gewann – lange Zeit ohne Gedanken an Nachhaltigkeit. Es gibt noch viele weitere heute ausgestorbene Berufe, die wieder zu entdecken sich lohnt, wie die Autorin und die Illustratorin beweisen: nicht nur die drei "Jobs", die für den Titel Pate standen, sondern auch etliche andere, die den Menschen des 21. Jahrhunderts verblüffen!

Neben den erwähnten Kaffeeriechern und den Abtrittanbietern, Menschen, die so etwas wie mobile öffentliche Bedürfnisanstalten bereitstellten, sowie den Fischbeinreißern, die aus Walbarten das so genannte Fischbein gewannen, das unter anderem unerlässlich für die Herstellung von Korsetten und Reifröcken war, präsentiert das Buch noch viele weitere Berufe, die heute ausgestorben sind und manchem Leser bekannt sein mögen, zumindest vom Namen her. Die Details freilich kennt man heute kaum noch, selbst den Fullonen oder Urinwäscher betreffend, der nicht nur in der Antike einen Knotenpunkt innerhalb der Wirtschaft einnahm, oder auch in Bezug auf die Amme. Ihre Rolle für manche hochgestellte Persönlichkeit zeigt sich nicht nur im einen oder anderen Drama wie etwa jenem um Romeo und Julia.
Die Autorin präsentiert ausgestorbene Berufe sachlich, dabei allerdings so spannend, dass man das Buch nicht aus der Hand legen möchte. Ergänzend wirken die Illustrationen, die fröhlich, jedoch auch hinsichtlich der Dokumentation ideal auf die Texte eingehen und auch manches Original wiedergeben. So vermischt sich in diesem Buch die Sachlichkeit auf spannende Weise mit Originalität und Humor. Zugleich wird der Leser Mitleid mit so manchem armseligen Placker wie dem erwähnten Sandmann empfinden, der einen Hungerlohn für gesundheitsschädliche Arbeit empfing, oder dem Scharfrichter, der von der Gesellschaft ausgestoßen lebte und für sie doch unersetzlich war. Es ergibt sich zudem so manche verblüffende Einsicht: Ebenjener Scharfrichter kannte sich mit der menschlichen Anatomie viel besser aus als die zeitgenössischen Ärzte!
Der eine oder andere Beruf mag wohl fehlen. So kennt die Rezensentin aus Erzählungen von Verwandten noch den Pfannen- oder Kesselflicker, der im Buch nicht vorkommt, in der mitteleuropäischen Realität aber auch nicht mehr. Vielleicht wird ja ein zweiter Band nachgeschoben? Es wäre wünschenswert nach dieser großartigen Vorlage!

Eine Leseprobe gibt es hier auf der Verlagswebsite.

Regina Károlyi



Softcover | Erschienen: 29. Oktober 2012 | ISBN: 9783570551950 | Preis: 14,99 Euro | 240 Seiten | Sprache: Deutsch

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