Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Die Zeit der Forscher, die ihr sicheres Heimatland verließen, um fremde, barbarische Länder zu bereisen, ist vergangen. Vergessen sind diese Menschen und deren Taten allerdings nicht, denn dank ihrer Aufzeichnungen kann man auch heute noch den Geist und Zauber dieser Reisen miterleben. Frauen jedoch hatten damals ihre Rolle zu erfüllen, die Familie in der Heimat zu hüten und waren auf solchen Reisen unerwünscht - es reisten daher vornehmlich die Männer.
Einigen Frauen aber brannte die Abenteuerlust in den Adern. Sie wollten reisen, fremde Kulturen erleben und auf eigenen Beinen stehen. Diesen selbstbewussten Vorreiterinnen, die sich in Zeiten des 18. bis frühen 20. Jahrhunderts den Anforderungen der Gesellschaft entgegenstellten, widmet sich "Mit Kompass und Korsett. Reisende Entdeckerinnen".
Sechzehn unerschrockene Frauen werden auf insgesamt 176 Seiten portraitiert. Ein Bild, häufig eine Fotografie, zeigt jede der Abenteurerinnen zu Beginn des Kapitels. Weiterhin werden ihre Lebensdaten und ihre Herkunft und Profession genannt, beispielsweise Lise Christiani - französische Violoncellistin - 1827-1853 und Ida Pfeiffer - österreichische Reiseschriftstellerin - 1797-1858.
In seiner Reihe über mutige Frauen präsentiert der Verlag ars vivendi den Band "Mit Kompass und Korsett. Reisende Entdeckerinnen". Schon der erste Eindruck ist durchweg positiv. Das Hardcover ist mit einem ansprechenden Schutzumschlag versehen und innen ist es nicht minder schön gestaltet. Jedes der sechzehn Kapitel wird mit einem Bild der reiselustigen Abenteurerin und einer Weltkarte eingeleitet, auf der ihre Stationen markiert sind. Nach einer Einführung, in der das Leben und Wirken der im Kapitel vorgestellten Frau bis hin zum Beginn ihrer ersten Reise vorgestellt wird, folgt der lebensnahe Bericht ihrer Forschungsfahrten. Immer ist der Text von historischen Zitaten durchbrochen, die durch die Verwendung von kursivem Schriftschnitt deutlich als solche zu erkennen sind. Zusammen mit vielen Fotos und Zeichnungen, die zum jeweiligen Aufenthaltsort der beschriebenen Person stimmig ausgewählt wurden, mit schmückenden Ornamenten und der antiken Gestaltung der Seiten, die ihnen an manchen Stellen eine Art Patina verleiht, bekommt der Band ein geradezu romantisches Flair, das die sachlichen und historisch fundierten Texte wunderbar umrahmt.
Jede der Frauen hat es mehr als verdient in diesem Band erwähnt zu werden, schließlich war es zur Lebenszeit der meisten von ihnen bereits ein Fauxpas, sich überhaupt allein auf Reisen zu begeben. Dann noch den Schritt zu wagen, in die Fußstapfen der Männer zu treten und auf Abenteuerfahrt zu gehen, womöglich sogar noch ein Buch darüber zu schreiben, schickte sich wahrlich nicht und grenzte an Anmaßung - wurde mancherorts auch als Irrsinn angesehen. Sich beispielsweise als erste europäische Frau (Ida Pfeiffer - österreichische Reiseschriftstellerin) in die Hände der als Kopfjäger bekannten Dayak auf Borneo zu begeben, klingt nicht unbedingt lebensbejahend. Aber genau diese Grenzen haben die Frauen überschritten, sind mutig neue Wege gegangen.
Mit all den Abenteuern und unterschiedlichen Lebenswegen ist dieses Buch auch eine große Quelle der Inspiration. Beim Lesen der spannenden Reisegeschichten kommt der Gedanke auf, was wohl passieren würde, wenn all diese Frauen sich an einem Ort treffen könnten. Sie, die oft sehr individuelle Ansprüche haben, meist am liebsten ohne große Gesellschaft auskommen. Würden sie sich verstehen? Welche Gespräche würden entstehen?
Mit der ausführlichen Literaturliste am Ende des Buches können Interessierte weiter in die Welt der reisenden Frauen eintauchen.
"Mit Kompass und Korsett" begeistert durch eine sachlich fundierte Darstellung von sechzehn abenteuerlustigen Frauen des 18. bis frühen 20. Jahrhunderts und eine prächtige Aufmachung. Ein tolles Geschenk - auch für einen selbst!