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London im Juni 1835: Sibylla ist eine junge Frau des 19. Jahrhunderts. Doch mit ihren 23 Jahren immer noch nicht verheiratet zu sein, hat ihr den Ruf einer alten Jungfer eingebracht, dabei wäre sie als Tochter eines Reeders weiß Gott keine schlechte Partie. Allerdings steht Sibylla in dem Ruf, eigensinnig zu sein und sich für gänzlich undamenhafte Sachen zu interessieren. Will sie aber je ihrem familiären Gefängnis fliehen, muss sie sich verheiraten, um wenigstens das bisschen Freiheit zu genießen, welche einer Ehefrau zugestanden wird.
In Benjamin Hopkins, einem Angestellten ihres Vaters, findet sie einen jungen Mann, der sich von ihrem Eigensinn nicht abschrecken lässt und in Sibylla seine gesellschaftliche Aufstiegschance sieht. Und eine einmalige Chance lässt nicht lange auf sich warten: Der Abgesandte der Reederei Spencer in Marokko, Mogador verstirbt überraschend und Benjamin tritt diese Stelle an. Allerdings ist Sibylla wohl noch begeisterter als ihr Mann, London zu entfliehen und eine Welt kennenzulernen, die sie bisher nur aus den Büchern aus 1001 Nacht kennt ...
Sibylla lässt sich von der fremden afrikanischen Kultur einnehmen und versucht sich so gut wie möglich mit dieser vertraut zu machen, im Gegensatz zu ihrem Ehemann, der sich mehr als Kolonialherr aufführt.
"Die Löwin von Mogador" ist ein historischer Roman aus der Feder von Julia von Droste. Mit ihrem neusten Werk geht die Autorin auch neue Wege, denn "Die Löwin von Mogador" wurde nur als eBook herausgebracht.
Doch zumindest thematisch bleibt die Autorin sich treu, denn "Die Löwin von Mogador" beschäftigt sich erneut mit einer starken Frauenfigur, die eher untypisch für ihre Zeit ist. Trotzdem macht es Julia von Droste ihren Lesern leicht, Feuer und Flamme für ihre Protagonisten zu sein. Sibylla ist offen, neugierig und ein herzensguter Mensch, aber mit einem Mann liiert, der ihr nicht wesensfremder sein könnte. Er ist verschlagen und durchtrieben und versucht aus allem und jedem seinen persönlichen Vorteil zu ziehen, egal was es kostet.
Trotzdem geht es in diesem Buch nicht einfach nur um ein Beziehungsdrama. Julia von Doste gelingt eine ansprechende Mischung aus Geschichte und Gefühlen, mit einem Hauch Dramatik und Spannung, was für die richtige Würze sorgt. Sie bedient sich dabei einer sehr bildhaften Sprache, um dem Leser Mogador und seine Kultur näher zu bringen. Eine Kultur, die zu dieser Zeit ihre Frauen sorgsam vor aller Augen verbirgt, ihnen aber mehr Freiheiten zugesteht, als den ständig präsenten und für alle Augen sichtbaren europäischen Frauen, die an der Seite ihrer Männer die Reise in die Welt von 1001 Nacht angetreten haben.
Mit der analogen Entsprechung von über 600 Seiten ist "Die Löwin von Mogador" auch kein Fliegengewicht. Das lässt viel Raum für Tiefe. Zudem nutzt die Autorin diesen Umstand, um das ganze Leben ihrer Hauptfigur zu beleuchten; dass sie dafür auch mal fünfzehn Jahre überspringt, fällt kaum ins Gewicht, sondern zeigt, dass sich die Autorin auf das Wesentliche konzentriert.
Schade ist, dass aus dem Nachwort nicht ersichtlich wird, ob ihre Figuren auf historischen Persönlichkeiten beruhen, oder ob es sich hierbei um reine Fiktion handelt; den einen oder anderen hätte das sicherlich interessiert.
An den Satz, der für dieses eBook verwendet wird, muss sich zu Anfang allerdings etwas gewöhnt werden, da dieser in regelmäßigen Abständen von unverhältnismäßigen Lücken zwischen einzelnen Wörtern geprägt ist, was ab und an doch für die eine oder andere Irritation sorgt. Außerdem wird sich einer ungewöhnlichen Schrift bedient, die allerdings gut lesbar ist.
Alles in allem ein sehr schöner historischer Roman, der wirklich viel zu bieten hat, auch wenn man sich mit dem Satzbild erst anfreunden muss.