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Charles Bukowskis Sprache kann getrost als direkt bezeichnet werden. Der Fischer Verlag hat die 1970 erstmalig auf Deutsch erschienenen "Aufzeichnungen eines Dirty Old Man" erneut herausgebracht und nutzte dafür die 1977 überarbeitete Textübersetzung von Carl Weissner.
Bukowski schrieb von 1967 bis 1969 regelmäßig "Notes of a Dirty Old Man" für das wöchentlich erscheinende Underground-Magazin "Open City" aus Los Angeles. Die sechsunddreißig als Buchform herausgegebenen Kolumnen stellte Bukowski, wie er im Vorwort schreibt, selbst zusammen und überlässt sie dem Leser im Vorwort mit folgenden Zeilen:
"Ich hoffe, dass Ihnen das Zeug was sagt. Wenn Sie mir Geld schicken wollen, in Ordnung. Wenn Sie mich dafür hassen wollen, auch in Ordnung."In den Kolumnen berichtet Bukowski vom Leben als intelligenter, aber armer Alkoholiker mit ausschweifenden alkoholischen und sexuellen Exzessen, von kaputten Familienverhältnissen und kriminellen Unternehmungen. Er lässt zwar seine eigene Biographie in die Kolumnen einfließen, überzeichnet aber auch so stark, dass es nicht mehr möglich ist, zwischen realen Erlebnissen und Fiktion zu unterscheiden. Durch seinen flüssigen Schreibstil, seine deftige Fäkalsprache und die Art, wie er ohne besondere Emotionen das Leben auf der Verliererseite beschreibt, ruft jede Kolumne beim Leser unterschiedliche Gefühle hervor.
Während manche Kolumnen durchaus heiter, frech und witzig sind, erwecken andere - durchaus gewollt- Ekel, Scham und Mitgefühl.
Die "Aufzeichnungen eines Dirty Old Man" geben einerseits Einblick in das prekäre Leben der 60er und 70er Jahre in Amerika, setzen sich andererseits aber auch auf ernstzunehmende Art und Weise mit Politik, Kunst und Literatur der Nachkriegszeit auseinander. Bukowski erscheint so als der Prototyp des gescheiterten Intellektuellen, dessen Leben in der Kindheit von seinem gewalttätigen Vater ruiniert wurde.
Gleichzeitig findet Bukowski offensichtlich Gefallen an dem Leben, das er lebt. Seine Berichte von sexuellen Handlungen, besoffenen Raufereien und vollkommen unmoralischem Verhalten wirken auch wie Berichte eines unverkrampften, von gesellschaftlichen Normen nicht beeinflussten Lebens, in dem der Protagonist auf seine Art und Weise Glück und Zufriedenheit erfährt.
So verbinden die Aufzeichnungen Bukowskis Gesellschaftskritik mit Humor, Exzesse mit Melancholie und Literatur mit Fäkalsprache; wer sich davon nicht abschrecken lässt, sollte sich an das Buch heranwagen.
Eine Leseprobe gibt es hier auf der Verlags-Website.