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Den Astronomen gehört die Unendlichkeit des in der Mythologie durchweg positiv besetzten Himmels, den Geologen hingegen die Hölle, die quer durch alle Kulturen irgendwo unter unseren Füßen im Erdinneren lauert und den Menschen bedroht und einschüchtert. Kein Wunder, dass der Geologe Salomon Kroonenberg sich diesbezüglich etwas in Zugzwang sieht und zum einen die Faszination dessen ergründen möchte, das sich durchaus weniger zugänglich als das All unter uns befindet, zum anderen hingegen den alten Mythen nachspürt.
So geht der Leser mit dem Autor auf eine ungewöhnliche Entdeckungsreise, die Parallelen zwischen uralten Überlieferungen, Dante Alighieris Höllenvisionen aus der "Göttlichen Komödie" und moderner Forschung aufzeigt. Eine in einzelne Schichten aufgeteilte Erde, die an die Süßigkeit "Gobstopper" erinnert, steht in Zentrum der Betrachtung. Und Kroonenberg bricht auf, um den Eingang zur Hölle zu suchen: in Jerusalem, in Griechenland, in Italien. Die griechischen Flüsse Styx und Acheron scheinen ebenso wenig die Lösung bereitzuhalten wie die Gegend um die Solfatara beziehungsweise Pozzuoli in Italien, die wenigstens Schwefelgestank und stellenweise mörderische Kohlendioxid-Konzentrationen bieten, und einige andere: Der Eingang zur Hölle bleibt unauffindbar. Dennoch ist die Suche nicht vergebens, denn der Leser lernt eine Fülle an spannenden Zusammenhängen kennen, Verwerfungen, die besondere Oberstufenstrukturen beinhalten, unterirdische Flüsse, geologische Veränderungen auch während so überschaubarer Zeiträume wie den letzten zwei- bis dreitausend Jahren, die uns all die fesselnden antiken Mythen kaum noch nachvollziehen lassen, Chemie – in Maßen -, Bergbau seit der Steinzeit und vieles andere, bis die Reise zum Mittelpunkt der Erde keineswegs mehr eine Fantasie von Jules Verne zu sein scheint.
Wer "Disziplinen-Hopping" mag, sollte Salomon Kroonenberg lesen. Er gehört zu den Naturwissenschaftlern mit einer breiten Allgemeinbildung, die weit über den disziplinären Tellerrand blicken und nach Synopsen suchen, ohne dabei verkrampft zu wirken.
Der Spaziergang von einem magischen europäischen Ort zum anderen, angefüllt und gewürzt mit geologischen Erkenntnissen, sehr viel Mythologie und einiger Historie fasziniert und zeigt auf, wie intensiv sich die Menschen seit jeher mit dem Inneren der Erde befasst haben, welche Ängste mit der scheinbar undurchdringlichen Materie unter uns verknüpft sind und wie man diesen Tiefen zunehmend Bodenschätze, Rohstoffe aller Art abrang, teils schon in prähistorischer Zeit und ohne Rücksicht auf Menschenleben, Umwelt, Nachhaltigkeit und Gesundheit. Den roten Faden bildet Dantes Hölle, doch das ganze Buch stellt eine spannende und ungewöhnliche Reise durch Südeuropa und seine Mythen dar und eröffnet eine regelrecht ganzheitliche Sicht auf all das, was wir in den Tiefen des Planeten erahnen.
Eine Fülle an Fotos, Skizzen, Karten und Reproduktionen historischer Kunstwerke ergänzt den Text, der jedoch auch ungeachtet dessen kein bisschen trocken und "verkopft" wirkt: Hier erzählt ein Naturwissenschaftler, den sein Fach begeistert, der aber auch nach umfassenden Zusammenhängen sucht und Freude daran hat, seine Erkenntnisse zu teilen. Vorkenntnisse sind für diese so ungewöhnliche wie fesselnde Lektüre nicht vonnöten. Ganz klare Empfehlung!
Eine
Leseprobe wird auf der Verlagsseite zum Buch angeboten.