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 Karl Huß, der empfindsame Henker

Eine böhmische Miniatur

Autoren: Hazel Rosenstrauch
Illustratoren: Karl Huß
Verlag: Matthes & Seitz

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Wer als Kind eines Scharfrichters geboren wurde, hatte im ständischen Mitteleuropa nur eine Berufsperspektive: die des Scharfrichters. Sie galten als verfemt, als unehrlich und waren von der Aura des Todes, den sie brachten, umgeben. Hazel Rosenstrauch gibt in "Der einfühlsame Henker" die Geschichte Karl Huß’ wieder, der als Scharfrichter im böhmischen Eger arbeitete und durch seine Sammelleidenschaft für Mineralien und Lokaldevotionalien die Aufmerksamkeit beispielsweise von Goethe und Metternich erregte.

In einem umfangreichen einleitenden Kapitel werden die Umstände der Lebenszeit Karl Huß’ erläutert. Wie kam es zu den Vorurteilen der Bevölkerung gegenüber den Scharfrichtern und welche besonderen Fähigkeiten traute man diesen Menschen zu, die ja berufsbedingt mit dem Leben und Sterben befasst waren? In gewisser Weise sprach man den unehrlichen Henkern magische Fertigkeiten zu, so soll es heilende Substanzen geben, die ihre Wirkung nur entfalten, wenn sie von einem Henker appliziert werden.

Im zweiten Kapitel wird die Lebensgeschichte des Protagonisten erläutert. Wie wuchs er auf, wie kam es, dass er - für seine Zeit und seinen Stand durchaus ungewöhnlich - lesen und schreiben lernte? Auch auf seine Ehe, über die er selbst im Rahmen seiner Chronik der Stadt Eger berichtete, wird näher eingegangen.

Der spätere Dienstherr Karl Huß’, der Fürst von Metternich, wird ebenfalls ausführlicher vorgestellt und in den zeithistorischen Kontext gesetzt. Dabei wird auch darauf eingegangen, wie Karl Huß in Eger von den Entscheidungen Metternichs in Wien direkt und indirekt betroffen und beeinflusst wurde.

Abschließend wird im dritten Kapitel ein Überblick über die Werke Hußens, insbesondere seine Auseinandersetzung mit dem Aberglauben der Bevölkerung und den Vorurteilen gegen seinen Berufsstand, gegeben. Auch über seine letzten Lebensjahre als Verwalter der Metternich’schen Sammlungen an dessen Stammsitz wird kurz berichtet.

Die Geschichte des einfühlsamen Henkers ist auch die Geschichte des ständischen Lebens in Mitteleuropäischen Kleinstädten und bietet einen idealen Blick in die Lebensrealität der einfachen Bevölkerung unter der österreichischen Monarchie. Die damals gängigen Vorurteile und ablehnenden Verhaltensweisen werden vorgestellt und ihre Entstehung erläutert.

Etwas kurz kommt der Lebensabend des Protagonisten im Dienst des Fürsten. Hier wäre es wünschenswert gewesen, mehr über die tägliche Arbeit und das Sozialleben in der Dienerschaft zu erfahren. Ebenso wird der Diebstahl, für den Karl Huß als ehemaliges Mitglied eines unehrlichen Standes verantwortlich gemacht wird, zwar erwähnt, aber der Leser erfährt nicht, wer der wirkliche Täter war.

Vom Schreibstil her ist der historische Stoff angenehm aufgearbeitet worden und in einem erzählerischen Rahmen verpackt. Die Autorin berichtet auch von den Hintergründen ihrer Reportage und den Umständen sowie erfahrenen Freundlichkeiten vor Ort. Dadurch gewinnt der historische Bericht auflockernde Anteile einer Reportage, was den Lesefluss aber nicht negativ beeinflusst.

Alles in Allem ein gutes und unterhaltsames Buch, aus dem der interessierte Leser viele Informationen gewinnen kann und einen faszinierenden Einblick in das Leben einfachster Menschen in der Zeit zwischen Französischer Revolution und den Geschehnissen 1848 erhält.

Eine Leseprobe findet sich auf der Verlagsseite.

Sebastian Langer



Hardcover | Erschienen: 27. August 2012 | ISBN: 9783882219821 | Preis: 19,90 Euro | 175 Seiten | Sprache: deutsch

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