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 Glücksfall

Autoren: Marian Keyes
Übersetzer: Susanne Höbel
Verlag: Heyne

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Schon vier Mal hatten die Leserinnen das Vergnügen, eine Tochter der so liebenswerten wie chaotischen Walsh-Familie näher kennenzulernen: Den Anfang machte Claire in "Wassermelone", es folgten die Erlebnisse von Rachel in "Rachel im Wunderland". Die folgenden beiden Romane drehten sich um Maggie ("Auszeit für Engel") und Anna ("Erdbeermond").
Eine Walsh-Schwester war demnach noch übrig - die eigenwillige, katzenäugige Helen. Um sie dreht sich nun der neuste Streich von Marian Keyes: In "Glücksfall" wird die fünfte Walsh-Tochter, die immer noch als Privatdetektivin tätig ist, vom Schicksal mehr als nur ein wenig gebeutelt. Durch immer weiter schwindende Aufträge und die Folgen der irischen Wirtschaftskrise hat sie ihre Wohnung verloren und muss zurück zu ihren Eltern ziehen - der pure Horror! Vor lauter Verzweiflung nimmt Helen einen Auftrag ihres attraktiven Ex-Freunds Jay an, obwohl sie sich eigentlich geschworen hatte, nie wieder etwas mit ihm zu tun haben zu wollen. Aber das Honorar ist großzügig und so willigt Helen ein, einen spurlos verschwundenen Musiker ausfindig machen. Die Zeit drängt, denn schon in wenigen Tagen soll die wiedervereinigte Boygroup "Ladds" gemeinsam für ein großes Comeback auf der Bühne stehen. Unglücklicherweise ist Sänger Wayne kurzfristig abgetaucht und niemand weiß, wo er steckt. Im Laufe ihrer Suche stößt Helen auf die anderen, teils höchst exzentrischen Bandmitglieder, auf allerlei dubiose Verstrickungen und rätselhafte Spuren. Der Auftrag zerrt immer mehr an ihren Nerven - denn Helen leidet unter schweren Depressionen ...

Marian Keyes hat das Talent, einen lockeren, äußerst komischen Schreibstil mit unterhaltsamen Ereignissen zu verknüpfen, in deren Hintergrund jedoch immer ernste Themen lauern. So auch in "Glücksfall": Zwar geht es vordergründig um Helens Auftrag und die Suche nach dem verschwundenen Boygroup-Mitglied Wayne, doch im Mittelpunkt stehen die Depressionen. Diese ziehen sich durch den kompletten Roman, spitzen sich gegen Ende immer weiter zu und machen die Lektüre diesmal zu einer kleinen Herausforderung.
Wer in Stimmung für das ernste Thema ist, welches von leichter Kost und einem heiteren Frauenroman nicht weiter entfernt sein könnte, der findet hier eine durchaus fesselnde, realitätsnahe und zutiefst bedrückende Schilderung einer jungen Frau, die seit langer Zeit wie gelähmt ist durch die tückische Erkrankung, die extrem leidet und immer wieder einen schier aussichtslosen Kampf kämpft. Der Rest der Handlung ist zwar recht unterhaltsam, erreicht aber nicht das gewohnte Format von Marian Keyes' anderen Büchern. Die Suche nach dem verschollenen Ladds-Mitglied ist zäh und kommt auf mehr als sechshundert Seiten nicht recht vom Fleck. Dies entspricht zwar sicher der Realität vom Alltag einer Privatdetektivin, unterhält aber nur mäßig. Quasi nebenbei erfährt der Leser wichtige Stationen aus Helens bislang unbekannter Vergangenheit, die im Grunde alle im Thema Depression münden.

Insgesamt ist das Thema Depression sicher kein schlechter Stoff für einen Roman, aber als Leserin bedauert man es fast, dass Marian Keyes Helens Teil der Reihe an dieses Thema "verschenkt" hat. Schließlich war Helen immer die frechste, die rotzigste Walsh-Schwester, deren Verhalten am meisten polarisierte, die alle zur Weißglut trieb und von der man gespannt war zu lesen. Die Helen, die in "Glücksfall" beschrieben wird, hat, bedingt durch ihre Krankheit, eigentlich kaum etwas mit der Helen zu tun, die man im Laufe der anderen Romanen zu kennen glaubte. Im Grunde hätte dieses Buch auch ein Standalone mit einer beliebigen Protagonistin sein können, denn die typischen Macken und liebenswerten Schrullen der Walshs kommen hier eigentlich viel zu kurz. Zwar blitzt natürlich der typische Keyes-Humor immer wieder durch und Helen gewinnt durch ihre kratzbürstige und zynische Art, aber am Ende bleibt ein etwas fader Nachgeschmack.

Fazit: Ein sehr ernstes Thema einfühlsam umgesetzt und verpackt in eine Detektivgeschichte, die sich aber viel zu sehr in die Länge zieht. Schade, gerade für Helen Walsh hätte man sich eigentlich ein anderes Schicksal erhofft, das eher zu ihrem Typ passt. Dennoch ist "Glücksfall" kein schlechter Roman, er trifft nur nicht ganz die Erwartungen, die man an eine Geschichte aus dem Leben der irischen Kultfamilie Walsh hat.

Eine Leseprobe gibt es hier auf der Website des Verlags: "Glücksfall"

Christina Liebeck



Hardcover | Erschienen: 28. Mai 2013 | ISBN: 978-3453267114 | Originaltitel: The Mystery of Mercy Close | Preis: 19,99 Euro | 608 Seiten | Sprache: Deutsch

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