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 Wild Duck

Empirische Philosophie der Mensch-Computer-Vernetzung


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis


"It is said that IBM does not mind having a few wild ducks around - so long as they fly in information."

Der Name des Autors, Gunter Dueck, hat nicht nur Ähnlichkeit mit dem Buchtitel "Wild Duck", sondern Dueck arbeitet auch bei IBM. Dort wurde er einmal - zumindest angeblich - als eine solche wilde Ente bezeichnet. Grob übersetzt bezeichnet dies einen Querdenker, jemanden, der unbequem ist und "auf den Putz haut".

Genau das ist es auch, was Gunter Dueck in diesem Buch macht. Sicherlich, es behandelt ein ernstes Thema, sogar viele auf einmal, doch wer auf trockene Wissenschaft Wert legt, sollte das Buch gar nicht erst in die Hand nehmen.

"Computer retten die Menschheit" heißt es gleich zu Anfang, wenn der Autor anhand einiger einführender Beispiele ins Bewusstsein zu rufen versucht, welche Bedeutung Computer in unserem Leben haben, welche Aufgaben sie übernehmen und - ganz im Sinne der Science-Fiction - zu welchen Dingen mehr sie wohl im Stande wären. Schon dort wird allerdings klar, auf welch komplexes Thema man sich damit einlässt, denn sehr viel umfassender als die einfache Grundstruktur, die nur in Nullen und Einsen denkt, sind die gesamten, teils noch fiktiven Optionen von Computern tatsächlich. Und auch Abhängigkeiten gilt es zu berücksichtigen, denn Computer werden von Menschen programmiert. Wie also kann ein Computer besser sein als ein Mensch und die Welt retten?

Nach diesen ersten Anregungen zum Nachdenken kann der Leser sich zunächst erholen, wenn er von der Entwicklung des Buches in "Frühgeschichte einer Theorie" liest oder sich weitere "Praxisabstecher" zur Einstimmung zu Gemüte führt.
Erst danach geht es ans "Eingemachte", wenn Gunter Dueck die "Omnimetrie im Wirtschaftsalltag" betrachtet, wobei Omnimetrie die Sucht oder Notwendigkeit, alles zu messen, bezeichnet.

Theoretisch wird es, wenn der Mensch gemessen werden soll. Im nächsten Kapitel stellt der Autor die mögliche Einteilung von Menschen nach verschiedenen Temperamenten vor - eine Einteilung, die im weiteren Verlauf des Buches hohes Gewicht bekommt. Ob es um "Entscheidungssuche und Aufstieg", "Menschen wie Marionetten" oder die "Logistik der Menschentwicklung" geht, die Typen, eingeteilt in SJ, SP, NT und NF, sollte der Leser zuvor möglichst verinnerlicht haben, um ein häufiges Nachschlagen zu verhindern.

Doch um sich der im Buch vorgestellten Thematiken ernsthaft widmen zu können, reicht ein bloßer Einteilungsversuch nach einem bestimmten Schema nicht aus. Es gilt, Strategien und Probleme zu beachten. Diese Strategien und Probleme, denen die Kapitel "Der nicht aufzuhaltende Aufstieg", "Wie jeder sich klarmacht, der Beste zu sein", "Topimierungstechniken" und "Urformeln, die Söldner der Ordnung" gerecht zu werden versuchen, bestimmen letztlich, ob eine Lösung für das gesamte Problem gefunden werden kann.
Der letzte Teil des Buches setzt nach Sichtung beziehungsweise Vorstellung der gesamten Erkenntnisse mit möglichen Lösungen ein. Zu diesem Teil des Buches gehören die Kapitel "Neue Formeln braucht der Mensch", "Mehr Daten, andere Sichten = mehr Sinn", "Shaping the New World", "Unser innerer Sinn" sowie "Sinn überhaupt, der äußere".

Es ist nicht nur umfangreicher, sondern auch anspruchsvoller Stoff, dem sich der Autor im Rahmen dieses Buches widmet. Das Erfolgsgeheimnis des Buches zeigt sich dabei vor allem in zwei Aspekten: Die verwendete Sprache ist sehr leicht verständlich und eignet sich daher für Laien und Nicht-Wissenschaftler jeder Couleur. Hinzu kommt, dass Gunter Dueck selbst durchgängig einen nicht-wissenschaftlichen Ton anschlägt, der den Leser nicht nur durch direkte Ansprache in den Bann zu ziehen vermag, sondern auch mit harten Worten, mit offensiven, aggressiven und höchst ironischen bis sarkastischen Tönen provoziert.
Wer regt sich nicht über Managementfehler oder Arbeitsmoral auf oder ist sich sicher, dass man "alles viel besser machen" könnte? In genau diese Kerbe schlägt der Autor mit diesem Buch und tatsächlich sind es vor allem die vielen persönlichen und praktischen Beispiele, die den Leser dabei am Ball halten.
Betrachtet man das Werk aus rein wissenschaftlicher Sicht, so wird einem auch nach den 580 Seiten des Softcovers nicht genug gesagt, erklärt oder bewiesen worden sein, aber tatsächlich darf man sich aus dieser Perspektive wohl auch kaum als Zielgruppe des Buches sehen.

Zunächst etwas störend, dann zunehmend Nerven raubend ist der Satz des Buches, bei dem auffällt, dass Bindestriche inmitten von Worten auftauchen. Wer den Klappentext liest, ist allerdings auf diese Nachlässigkeit bereits vorbereitet, da sie sich schon dort an zwei Stellen zeigt.
Tröstlich hierbei ist, dass der Buchumschlag dieser Softcover-Ausgabe nicht nur sehr ansprechend und hochwertig gestaltet wurde, sondern auch die notwendige Stabilität und Robustheit aufweist, die ein Buch mit diesem Umfang, das man zudem sicher nicht nur einmalig liest, haben sollte.

"Wild Duck" ist eine umfassende Streitschrift, ein provokatives und ebenso aufrüttelndes Buch, das nicht mit bösen Worten spart, zugleich jedoch vor die Welt verbessern wollendem Idealismus strotzt, wie man selten - wenn überhaupt - je eines in Händen hält. Trotzdem enttäuscht es nicht mit reinen Phrasen, sondern bietet ernsthafte und notwendige Überlegungen in einer Zeit an, die wenig so sehr braucht wie Innovation und neue Wege.

Tanja Elskamp



Taschenbuch | Erschienen: 01. April 2005 | ISBN: 3938204885 | Preis: 14 Euro | 580 Seiten | Sprache: Deutsch

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