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Unter den weltweit bekannten Größen der Fotografie wird Genja Jonas nicht gelistet, dennoch konnte sich die Dresdnerin weit über ihre Stadt hinaus einen beachtlichen Ruf erarbeiten. Dass sie heute weitgehend in Vergessenheit geraten ist, mag an ihrem frühen Tod liegen - sie wurde nur 42 Jahre alt -, womöglich zudem an ihrer jüdischen Abstammung, die sie in ihren letzten Lebensjahren im nationalsozialistischen Deutschland stark einschränkte. Umso bemerkenswerter, dass ihr der Dresdner Verlag Kunstblatt ein umfangreiches Buch widmet.
Vorwort und Einführung geben bereits einen Einblick in Genja Jonas' Schaffen, darauf folgt die Biografie der Künstlerin und ihrer Familie; sämtliche Schicksale wurden vom Naziterror und vom Holocaust geprägt, nur Genja Jonas, 1938 aufgrund einer Krebserkrankung verstorben, stand nicht akut vor der Entscheidung, zu emigrieren oder dem Untergang ins Auge zu sehen.
Der Leser lernt Jonas' Atelier, ihre Arbeitsweise, ihr Umfeld und Verknüpfungen mit anderen Künstlern kennen, ebenso unterschiedliche Themenkreise ihres Schaffens: Tanzfotografie - hier sei besonders auf ihre beeindruckenden und berühmt gewordenen Fotos der Tänzerin Gret Palucca hingewiesen -, Kinderfotografie, Familienbilder, Porträtfotografie und schließlich Fotos aus Samland, 1934 entstanden.
Im Bildteil werden zahlreiche herausragende Bilder der Fotografin präsentiert, auf diese folgen Kritiken zu einer ihrer Ausstellungen, ein Familiendatenblatt, das eine rasche Orientierung ermöglicht, das Nachwort und eine Danksagung.
Genja Jonas. Ein neuer Name für die sehr an Fotografie interessierte Rezensentin, eine spannende und letztlich tragische Biografie - und Fotografien, in den 20er- und 30er-Jahren entstanden, die heute noch berühren, auch wenn es sich größtenteils um Auftragsarbeiten handelt. Genja Jonas war berühmt für ihre Kinderfotos, die so natürlich wirken, wie bei kaum einem anderen Fotografen. Das Geschick, Kinder zu beschäftigen und dann den richtigen Moment festzuhalten, ist nur wenigen Fotografen gegeben.
Ebenso fesselnd sind jedoch Jonas' Aufnahmen von Tänzerinnen. Persönlichkeit wie Rolle der Tänzerin treten in den Fotos sehr klar zum Vorschein, hinzu kommt das erwähnte Gespür für den besonderen Augenblick. Jonas' große Empathie zeigt sich auch in ihren Porträts von Erwachsenen und in gewisser Weise auch in ihren vielen ausdrucksvollen Selbstporträts. Eine ganz andere Facette klingt in den Samland-Fotos an: Landschaft wie Details am Strand schenken der herausragenden Beobachterin perfekte Motive, die sie auf sehr gut gestalteten Fotos präsentiert. Nicht zuletzt setzt Jonas auf all ihren Fotos, im Studio oder draußen, das Licht optimal ein und macht sich damit zu einer Lichtbildnerin im Wortsinn.
Dass der Leser und Betrachter viele interessant aufbereitete Informationen zum familiären Umfeld und professionellen Wirken von Genja Jonas erhält, erweist sich als wertvoll für das Verständnis ihres Werks und trägt dazu bei, die Fotografin im Kontext ihrer Epoche zu würdigen.
Am Buch selbst gefallen vor allem das durchdachte Konzept, das zunächst mit der Fotokünstlerin vertraut macht, ehe die Bilder für sich sprechen - die gehaltvollen Texte fesseln -, und die gerade in Anbetracht des Preises und des eher kleinen Verlags hohe Druckqualität. Dank der geschickt vorgenommenen Bilderauswahl erhält der Interessierte einen weit gefassten Überblick über das faszinierende Portfolio von Genja Jonas, das keineswegs nur Dresdner ansprechen wird: Diese Künstlerin gehört zweifellos zu den Großen ihrer Zeit.
Einige der
Fotos aus dem Band werden auf der Verlagsseite zum Buch angeboten.