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Im 20. Band der "Klassiker der Comic-Literatur", ausgewählt vom F.A.Z.-Feuilleton, wird Lucky Luke vorgestellt. Nach einem Vorwort von Patrick Bahners finden sich drei komplette Alben und elf Kurzgeschichten:
Die Erbschaft von Rantanplan (1973) J. S. Chester hat ein seltsames Testament bei sich. Er bittet den Direktor des Staatsgefängnisses, den Hund Rantanplan zu holen. Der an ihn gekettete Verbrecher Joe Dalton hört mit an, was in dem Testament steht. Oggie Svenson vermacht seinen riesigen Besitz, eine reiche Silbermine in der Nähe von Virginia City, den Saloon "Silver Queen", das "Hotel International" und fast alle Häuser im Chinesenviertel von Virginia City dem Hund Rantanplan. Damit ist der Hund das reichste Tier der Vereinigten Staaten. Doch auch Joe Dalton ist bedacht worden. Er erbt alles, wenn Rantanplan zu Tode kommen sollte.
Joe stürzt sich voller Wut auf den an ihn geketteten Hund, um ihn auf der Stelle zu erwürgen, doch die Gefängnisbeamten können die beiden trennen. Der Hund denkt, sein "geliebtes Herrchen" Joe würde sich wehren, ihn verlassen zu müssen und wehrt sich seinerseits dagegen, von Joe Dalton getrennt zu werden.
Ein spannendes Abenteuer wartet auf die vier Daltons, Lucky Luke und Rantanplan, ehe das seltsame Testament wirksam werden kann.
Der weiße Kavalier (1975) Lucky Luke reitet durch die Prärie. Da ertönt plötzlich ein Schrei: "Rührt meinen kleinen Bruder nicht an!" Lucky reitet so schnell er kann über die Kuppe und platzt mitten in eine schreckliche Szene. Ein Unhold will einer hübschen Frau das Baby wegnehmen. Zwei andere Männer sehen tatenlos zu. Doch ehe Lucky Luke eingreifen kann, wird er gestoppt. Ein edel gekleideter Gentleman belehrt ihn, dass es sich hier um eine Probe für ein Theaterstück handelt.
Lucky Luke folgt der Theatergruppe in die nächste Stadt. Während der Aufführung kommt es zum Diebstahl der Lohngelder. Lucky verdächtigt zwar die Leute von der Schauspieltruppe, kann aber nichts beweisen. Wieder folgt Lucky der Truppe, hat aber große Schwierigkeiten, den Täter zu überführen.
Der Apachen-Canyon (1971) Lucky Luke reitet mit Kavalleristen auf einen seltsamen Tafelberg zu. Er hat die Form eines Kuchens, durch den mitten hindurch ein Weg führt. Trotz der Einwände Lucky Lukes reitet der Colonel durch den Engpass. Die senkrechten Wände sind an die zehn Meter hoch und der Pass höchstens drei Meter breit. Die Warnungen des Cowboys die Indianer betreffend, die auf dem Kriegspfad sind, werden in den Wind geschlagen. Kaum ist die Truppe mit allen Pferden und Verpflegungswagen im Engpass, stürzen von oben schwere Felsbrocken herab. Indianer, die oben auf dem Tafelberg Stellung bezogen haben, werfen sie hinab. Ohne Hektik und Angst weichen die Kavalleristen mit ihren Pferden unter den schmalen Überhang zu beiden Seiten des Wegs aus und warten ab. Schon bald hört der "Steinschlag" auf und die Soldaten setzen ihren Weg fort, zwar ohne Verpflegung, denn diese Wagen liegen zerstört unter den Felsen, aber unverletzt. Der Colonel ordnet eine Strafexpedition zum nahen Indianerlager an und zerstört die verlassenen Zelte. Als die Soldaten zu ihrem Fort zurück kommen, haben die Indianer dieses zur gleichen Zeit angegriffen und dem Erdboden gleich gemacht. Erneut ordnet der Colonel eine Strafexpedition an. Nun weiß Lucky Luke, warum der Krieg zwischen Soldaten und Indianern, obwohl überall Frieden herrscht, in dieser Gegend nicht abflaut: Patronimo, der Indianerhäuptling und Colonel ONollan sind zwei extreme Sturschädel, die einander hassen. Es wird nicht einfach für Lucky Luke, den Krieg zu beenden, denn der Colonel macht die Indianer für den Tod seines Sohnes verantwortlich.
Über die drei ausgewählten Bände muss nicht viel gesagt werden. Sie sind samt und sonders bestens geeignet, die lange und fruchtbare Zusammenarbeit von Morris und Goscinny zu dokumentieren. Die Kurzgeschichten sind schon weniger gut. Meist sind sie sogar ausgesprochen blöd. Ihnen fehlt fast jeglicher Charme und der Esprit der Alben. Vor allem die alten Geschichten von 1952 sind eher schlecht und nicht geeignet, die Faszination zu vermitteln, die Lucky Luke über Jahrzehnte ausstrahlte.
Zudem fehlt die wichtige Phase in Morris Schaffen nachdem Goscinny verstorben war. In diese Zeit fallen die meiner Meinung nach besten, weil witzigsten Alben der gesamten Reihe.
Schade drum, wenigstens ein Album aus dieser Periode wäre Pflicht gewesen.
Einzig die Größe der F.A.Z.-Edition ist zu bemängeln. Gerade Lucky Luke lebt von detailreichen Zeichnungen und der Beobachtungsgabe des Lesers. Im verwendeten Halb-Format ist weder der Text vernünftig lesbar, noch die Zeichnungen wirklich zu genießen. Zwar erzielt der Verlag durch die Wahl dieses Formates einen konkurrenzlos günstigen Preis, aber geht das Risiko ein, das der Flair und der Eindruck, den die Bilder von Morris vermitteln, ein Stück weit verloren geht.
Doch das alles sind nur schwache Kritikpunkte im Vergleich zu dem, was den unschuldigen und erwartungsfrohen Leser am Anfang dieses Bandes erwartet.
Eine solche Einleitung habe ich noch nie gelesen. Auch in der "didaktischen Falsifizierung der Interpunktion teleonomischer Onomatopoetika" kann diese Anhäufung von Fachbegriffen, pseudowissenschaftlichen Metaphern und hundsmiserablen Psychologisierungen eines eigentlich banalen Inhalts derart gehäuft nicht auftreten. Will sagen: Das Vorwort ist äußerst schlecht. Milde ausgedrückt versucht der Autor im Stile eines Germanisten und mit dem Sprachschatz eines Psychologen diesen Comic zu hinterfragen. Dieses Vorhaben misslingt leider völlig, denn sämtliche Beispiele, alle Metaphern und ohne Ausnahme alle Vergleiche sind schief und unverständlich. Und zwar nicht nur für den der wissenschaftlichen Ausdrucksweise Unkundigen, sondern auch dem wissenschaftlich geprägten und studierten Lehrer und sowohl pädagogisch als auch psychologisch bewandertem Universitätsabsolventen!
Fazit: Wer Lucky Luke kennen lernen will, sollte die 4,90 investieren; günstiger bekommt man drei Abenteuer und elf Kurzgeschichten nicht geboten. Das Vorwort kann man allerdings getrost auslassen - es nützt dem Leser sowieso nicht.