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 Im Westen nichts Neues


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Als Paul Bäumer und seine Klassenkameraden, von ihrem Lehrer dazu getrieben, als Freiwillige in den Ersten Weltkrieg ziehen, ahnen sie nicht, was sie erwartet. In der Kaserne lehrt sie Unteroffizier Himmelstoß den völlig sinnlosen, aber üblichen Drill – wie man in den Schützengräben an der Westfront überlebt, lernen die Jungen hingegen nicht. Das zeigt ihnen erst das Leben an der Front selbst sowie eine Gruppe älterer und erfahrener Soldaten um Stanislaus "Kat" Katczinsky, zwischen dem und Bäumer sich mit der Zeit eine enge Beziehung entwickelt, nicht unähnlich einem Vater-Sohn-Verhältnis.
Ich-Erzähler Paul Bäumer berichtet vom Frontalltag: von dem meist wenig erquicklichen Essen, Artillerie- und Gasangriffen, geringfügigen Gebietsgewinnen und –verlusten sowie dem Mannschaftsbordell. Und natürlich dem Schmerz und dem Sterben.
Als Bäumer ein kurzer Heimaturlaub zugestanden wird, muss er feststellen, dass niemand, weder die aus krebskranker Mutter, etwas blass dargestelltem Vater und einer Schwester bestehende Familie noch die anderen Zivilisten, begreifen kann, was der Krieg für ihn bedeutet und was er aus ihm und seinen Kameraden gemacht hat. Welche Werte für ihn verloren gegangen sind und welche neuen er sich angeeignet hat. Was er empfindet, wenn er in einem Granattrichter liegt und nicht weiß, ob er die nächsten Minuten überleben wird – oder wenn frische Rekruten, ungenügend vorbereitet, reihenweise ausgelöscht werden. Stattdessen fordern ihn träge, teigfett satte Daheimgebliebene besserwisserisch auf, Frankreich doch endlich zu erobern. Bäumer erkennt sich selbst als Angehörigen einer verlorenen Generation, die nicht weiß, wie sie nach dem Krieg je wieder wird Fuß fassen können.
Einen nach dem anderen verliert Bäumer seine Klassenkameraden. Er selbst wird verwundet und erlebt das Grauen der Lazarette, muss wieder in den Krieg, verliert auch "Kat". Schließlich, im Herbst 1918, verlässt ihn das Glück ganz. Bäumer fällt "an einem Tag, der so ruhig und so still war, dass der Heeresbericht sich auf den Satz beschränkte, im Westen sei nichts Neues zu melden".
Das Hörbuch wird in einem attraktiv aufgemachten, aufklappbaren Kartoncover mit Steckschlitzen für die fünf CDs angeboten.

Wohl dem, der wie die Rezensentin dieses Buch nicht viel zu früh – als Schul-Pflichtlektüre – lesen musste: Vielen Jugendlichen wurde es dadurch vergällt. Es handelt sich bei diesem Klassiker um ein Buch, das eine gewisse Lebenserfahrung und emotionale Stabilität voraussetzt, und auch Kenntnisse zum Ersten Weltkrieg schaden nicht: Remarque hat das Leben an der Westfront nicht dokumentiert, sondern literarisch verdichtet. Einzelne Szenen mit einer konkreten Handlung gehen in philosophische Betrachtungen über, die, wenn der deutsche Soldat zum Beispiel viele Stunden lang mit einem von ihm aus Angst präventiv schwerst verwundeten Franzosen im selben Granatloch liegt, zwangsläufig aufkommen und mit Emotionen abwechseln. Darauf muss sich der Leser oder Hörer einlassen, er muss mitleben können. Die Handlung nimmt erst gegen Ende Fahrt auf, größere Zeitabschnitte werden übersprungen, Spannung und Hoffnungslosigkeit steigern sich gleichzeitig.
Gerade weil sich vor dem Auge des Lesers oder Hörers von "Im Westen nichts Neues" kein atemloser Kriegsfilm abspielt, sondern immer nur kleine Szenen dargestellt werden, in denen der Leser/Hörer sich idealerweise in Bäumers Haut wiederfindet und dessen Empfindungen zunehmend teilt, eignet sich der Stoff herausragend als Hörbuch. Die sehr authentisch wirkende Stimme von August Diehl nimmt sowohl die Spannungsbögen perfekt auf als auch die vielen Stimmungen, Depression, Todesangst, stupides Vegetieren, Verzweiflung, Hochgefühl, Freude etwa über ein unverhofftes gutes Essen, Lust und Liebe, die enge Kameradschaft und in vielen Bereichen zunehmende Abstumpfung; darüber hinaus trägt Diehl auch die weltanschaulichen Einwürfe so vor, dass sie sich als natürliches Element der Erzählung präsentieren.
So mag für viele Menschen, selbst solche, die im Grunde lieber lesen, diese Hörbuchausgabe wesentlich mitreißender und ergreifender sein als die Printausgabe: Es ist, als erzählte der junge Paul Bäumer seine Geschichte, während der Hörer ihn geradezu hautnah begleitet.
Äußerst empfehlenswert – für Interessierte, die das Buch noch nicht kennen, wie auch nach einigen Jahren Abstand für jene, die sich im Schulunterricht damit herumschlagen mussten.

Eine Hörprobe wird auf der Verlagsseite zum Buch angeboten.

Regina Károlyi



CD | CD-Anzahl: 5 | Erschienen: 21. Oktober 2013 | ISBN: 9783844512250 | Laufzeit: 427 Minuten | Preis: 19,99 Euro | Sprache: Deutsch

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