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Einhundert Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges lässt auch Herfried Münkler es sich nicht nehmen, der Flut der Veröffentlichungen zur "Urkatastrophe" des 20. Jahrhunderts einen Titel hinzuzufügen.
Münkler liefert eine weitere Gesamtdarstellung zu den Ereignissen zwischen 1914 und 1918. Das über 900-seitige Buch erzählt in neun chronologisch aufgebauten Kapiteln die Geschichte des Weltkrieges. Jeder Abschnitt behandelt dabei wichtige Wegmarken des Kriegsverlaufes. Der erste Abschnitt ist beispielsweise der Vorgeschichte und den Ereignissen im Sommer 1914 gewidmet. Das dritte Kapitel behandelt die Kriegszieldebatten. Im fünften Teil stehen die verlustreichen Schlachten von Verdun und an der Somme im Mittelpunkt. Das achte Kapitel behandelt schließlich den Zusammenbruch der Mittelmächte.
Im letzten Abschnitt beschäftigt sich Münkler mit dem Ersten Weltkrieg als politisches Problem bis in die Gegenwart. Im Anhang des Buches finden sich der Anmerkungsapparat, ein Literaturverzeichnis sowie ein Namensregister. Der Text wird durchgängig durch Abbildungen und Karten ergänzt.
Herfried Münklers "Der große Krieg" ist eine lesenswerte Gesamtdarstellung des Ersten Weltkrieges, die politikwissenschaftliche Analyse und historische Erzählung miteinander verknüpft. Das lässt sie tatsächlich aus der Flut der gegenwärtigen Veröffentlichungen zu diesem Thema herausragen.
Zunächst präsentiert sich das Buch wie eine weitere historische Darstellung, doch Münkler analysiert in dem Buch durchgehend die Handlungen, Entscheidungen und Optionen der Akteure mit politikwissenschaftlichen Methoden. So differenziert er stets zwischen den verschiedenen handelnden Personen. Beispielsweise erläutert er ausführlich, inwiefern sich auf deutscher Seite der Kanzler Bethmann-Hollweg vom General Moltke unterschied. Ersterer suchte nach politischen Lösungen auf dem Weg der Kooperation mit den anderen Großmächten, Moltke dagegen sah das Reich militärisch eingekreist. Münkler vermag es überzeugend darzulegen, wie und warum sich welche Perspektiven und Wahrnehmungen schließlich durchsetzten. Das Ergebnis ist eine differenzierte und nachvollziehbare Ursachenanalyse der Dilemmata, Erfolge, Irrtümer und Fehleinschätzungen der handelnden Personen.
Der Schwerpunkt der gesamten Analyse und Darstellung liegt auf dem Deutschen Reich. Aber auch die Akteure der anderen Großmächte werden differenziert analysiert. Dennoch wünscht sich der Leser an manchen Stellen, dass hier genauso tief in die Materie eingetaucht würde, wie es für die deutsche Seite geschieht.
Insgesamt bleibt es aber dabei: Münkler hat eine erkenntnisreiche, gut lesbare und in vielen Aspekten innovative Studie zum Ersten Weltkrieg vorgelegt, die viele eingefahrene Urteile über so manchen Akteur ein wenig gerade rückt. Die Lektüre lohnt sich!
Eine Leseprobe bietet die Verlagswebsite.