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"Rob Hubbard ist einer der berühmtesten Programmierer, obwohl er noch nie ein erfolgreiches Spiel geschrieben hat. Besser gesagt: Er schreibt überhaupt keine Spiele. Er hat sich vielmehr auf Musikstücke spezialisiert. Einige seiner berühmtesten Kompositionen sind die Melodien zu "Commando" und "Thing on a spring". Kritiker meinen manchmal sogar, dass Robs Musik besser ist, als das ganze Spiel."
Computerspiele-Freunde aus den 80er Jahren werden sich noch gut an die legendären Artikel und Interviews in der wegweisenden Zeitschrift "Happy Computer" erinnern. Sie erschien ab Herbst 1983 und lieferte ihren Lesern neben allgemeinen Informationen zu Computerthemen erstmalig Spieletests und -tipps in der damals noch jungen Spielebranche. Harald Horchler präsentiert mit seinem Buch "Schöpfer neuer Welten" eine Auswahl der interessantesten Artikel mit Bildern aus dem Kultheft der 8-Bit-Ära. Das Eingangszitat stammt aus der Einleitung eines Interviews von Leslie B. Bunder und Heinrich Lenhardt mit dem englischen Klangkünstler Rob Hubbard, erschienen in der Ausgabe 7/1986.
Einige Redakteure wie Boris Schneider, Anatol Locker und vor allem Heinrich Lenhardt sind auch heute nicht vergessen. Neben Spieletests und Messeberichten wurden sie bekannt durch ihre Interviews mit den Insidern von damals. Unternehmer, Programmierer, Spieleentwickler, Grafiker und Komponisten wurden über ihre offiziellen Pressetexte hinaus nach Visionen und Einschätzungen in der Computer- und Computerspielentwicklung befragt. Dadurch entstanden humorvolle, spontane und lebensnahe Artikel, die nichts mit dem abgefeimten Millionengeschäft von heute gemein haben.
Auch wenn der Erzählstil lockerer und mitunter etwas unprofessioneller wirkt als der aktueller Computerzeitschriften, überzeugten die Wegbereiter der Computerspielkritiken durch ihre Fachkompetenz und ihre Interviewtechnik, bei der die Menschen aus der Computerspielbranche durch persönliche Fragen ein Gesicht bekamen.
Das Buch richtet sich an Kenner und "Aficionados" der Computerspielbranche, die sich gerne an die Anfänge der Computerspiele erinnern. Es handelt sich um eine schöne Sammlung von teilweise kultigen Interviews und Berichten, die heute gar nicht oder nur schwer erhältlich sind. Wer besitzt schon alle Ausgaben der "Happy Computer"?
Neulingen, die sich erklärende Informationen zur damaligen Zeit wünschen, warten darauf vergeblich. Es finden sich im Buch nur ein paar Berichte über den Atari ST und den Commodore Amiga, die damaligen "Wundermaschinen" für den Heim- und Spielebereich.
Es wäre schön gewesen, auch einen aktuellen Bezug in dem Sammelband zu finden, beispielsweise einen geschichtlichen Abriss, Interviews mit den Redakteuren oder Einschätzungen und Kommentare zur heutigen Computerspielbranche.
So ist "Schöpfer neuer Welten" zwar ein netter Sammelband, der vergangene glückliche Spielmomente in Erinnerung ruft, aber ansonsten eine lose Artikelsammlung ohne roten Faden, die nichts reflektiert, nichts erklärt und den Faden nicht weiterspinnt. Horchler hat die Chance verpasst, die deutsche Computerspielgeschichte zu beschreiben.