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Zweifellos gehört Cicero zu den allgemein bekanntesten Römern, und er ist aufgrund seiner enorm zahlreichen erhaltenen Publikationen und Briefe definitiv die am besten "belegte" Persönlichkeit der Antike.
Wolfgang Schuller porträtiert diesen wohl letzten restlos überzeugten Republikaner Roms in fünfzehn Kapiteln, beginnend mit einer Zusammenfassung der politischen und verfassungsrechtlichen Situation, wie sie sich bis zur Zeit Ciceros entwickelt hat. Es folgen Kapitel zu Ciceros Jugend und Ausbildung als Sohn einer Ritterfamilie und seinem ehrgeizigen und unaufhaltbaren Weg nach oben, hin zu Erfolgen als Anwalt und Redner und schließlich in höchsten politischen Ämtern. Cicero gelingt es, Sullas Diktatur zu überleben und nach einer kurzzeitigen Verbannung seine Karriere in Rom wieder aufzunehmen; nicht gelingt es ihm, den Niedergang der Republik, Caesars Machtübernahme und schließlich jene des Antonius – zusammen mit Octavian und Lepidus – zu verhindern. Anschaulich erläutert der Autor, wie Cicero ganz oben auf Antonius' Todesliste gerät und schließlich ermordet wird.
Das Abschlusskapitel setzt sich mit der Persönlichkeit und dem Wirken Ciceros auseinander und beurteilt ihn und seine historische Bedeutung zusammenfassend. Im Anhang finden sich neben den Anmerkungen ein Personen- und ein Sachregister sowie ein Abkürzungsverzeichnis. Eingebunden sind einige Abbildungen von Büsten etlicher der im Buch in Erscheinung tretenden Menschen.
Heutige Biografen sehen Cicero bei allem Respekt für seine schriftstellerischen und rhetorischen Leistungen durchaus skeptisch, denn sein Verhalten, unter anderem auch Caesar gegenüber, wirkt nicht immer konsequent und überzeugend, und er neigte zur Selbstdarstellung. Auch Schuller sieht und erläutert die so entstehenden Brüche im Lebensweg Ciceros als "moralische Instanz", um diesen modischen Begriff einmal zu gebrauchen. Doch er porträtiert den Römer so engagiert und die vielen Stärken gegenüber diesen Schwächen betonend, dass die Sympathie für Cicero nicht zu übersehen ist. Das stört jedoch nicht, da der Autor dem Leser durchaus die Möglichkeit gibt, sich ein eigenes Bild von diesem Kämpfer für eine dem Untergang geweihte Welt zu machen. Ein Vorwurf wegen fehlender Distanz wäre überzogen.
Als roter Faden dient die Chronologie. Neben dem beruflichen Vorankommen und Scheitern geht es dem Autor auch um Ciceros vielfältige private Bindungen, nicht zuletzt um enge familiäre und freundschaftliche Bande, die ihn prägten und denen wir einen erheblichen Teil seines aufschlussreichen Briefwechsels verdanken. Was definitiv fehlt, ist angesichts Ciceros komplexer Vita in einer ereignisgeladenen Epoche ein kurzer, übersichtlicher Lebenslauf am Ende des Buchs, am besten dem politischen Geschehen zur selben Zeit gegenübergestellt.
Schullers Ausführungen sind angenehm zu lesen, dabei ausreichend kompakt und mit sehr vielen Zitaten aus dem umfangreichen Werk und der Korrespondenz seines Protagonisten versehen; um Einzelheiten zu verdeutlichen, werden auch lateinische Originalausdrücke eingeflochten. Zum einen bietet die Biografie einen umfangreichen Einblick in Ciceros Leben und Zeit – unter Berücksichtigung der vorangegangenen Phase der römischen Geschichte -, zum anderen wird das Interesse an den Werken des Schriftstellers geweckt, der nicht nur als historische Figur auftritt, sondern anhand der vielen zitierten Quellen und seiner vielfältigen Interaktionen mit anderen Personen immer mehr als ein dem Leser vertrauter Charakter mit Ecken und Kanten erscheint. Selten gelingt es einem Autor, dem Leser eine Persönlichkeit aus einer so weit zurückliegenden Epoche der Geschichte auch als Menschen aus Fleisch und Blut differenziert zu präsentieren.
Eine spannende und engagiert verfasste, dabei sehr informative Biografie!
Eine
Leseprobe wird auf der Verlagsseite zum Buch angeboten.