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Programmierung ist für viele Menschen aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Nach dem Siegeszug des PC und der Verbreitung der Internetnutzung stehen zahlreiche junge, motivierte Programmierer bereit, um die Welt mit ihren Ideen, Programmen und Skripten zu begeistern. Doch die Programmierung alleine, das mitunter monotone Heruntertippen der Befehle, ist längst nicht mehr der wichtigste Part bei der Erstellung von jedweder Software. Neben unzähligen (Entwurfs-)Konzepten, die die Projekte besser und sicherer machen sollen, werden einige Grundideen zur Vermeidung von schlechtem Quellcode von vielen vergessen oder nie erlernt, was unmittelbare Folgen für die Lesbar- oder Erweiterbarkeit nach sich zieht. Ratlosigkeit bei unübersichtlichen Fragmenten ist die Folge. Vom Horror bei Debugging oder Wartung einmal ganz abgesehen.
Zeit, sich nicht nur für die neusten Sprachelemente der bevorzugten Programmiersprache zu interessieren, sondern insbesondere für allgemeingültige Standards und Methoden, damit die Programme von heute auch morgen noch brauchbar sind.
Bereits im Titel des Werkes verraten die Autoren Kathrin Passig und Johannes Jander, worauf es ihnen ankommt: "Weniger schlecht programmieren" - nicht besser. Das über vierhundert Seiten dicke Werk gibt mit vier umfassenden Kapiteln dem geneigten Leser einen Einblick, wie die eigene Arbeitsweise optimiert werden kann. Nach einem kurzen Ausblick, "Bin ich hier richtig?", wird unmittelbar auf die Konventionen in der Namensgebung, dem richtigen Einsatz von Kommentaren und der Arbeit im Team eingegangen, bevor das dritte Kapitel sich ausführlich dem "Umgang mit Fehlern" widmet. Vom Debugging über schlechte Stile hin zum Refactoring oder Testing werden viele Ideen und Standards vorgestellt, die sinnvoll und pragmatisch sind und eigentlich das Basiswissen eines jeden Entwicklers sein sollten - sollten, denn heutzutage ist Quellcode häufig unsauber und unübersichtlich. Das vierte und letzte Kapitel "Wahl der Mittel" bietet einen allgemeinen Abschluss. Hinweise auf Bibliotheken, Werkzeuge, Versionskontrolle, Sicherheit oder Grundlegendes wie Exceptions oder Namespaces werden behandelt. Einige Punkte sogar konkret an einzelnen Sprachen behandelt, wie zum Beispiel das Escapen von Steuerzeichen bei Datenbankabfragen oder der Validierung von Usereingaben im Web.
Alles verbieten ist ein schlechtes Prinzip in der Kindererziehung, hat sich aber in der Softwareentwicklung bewährt.
Über vierhundert prall gefüllte Seiten bietet das Buch, allerdings ist ein großer Anteil der Informationen und Paradigmen nur bedingt hilfreich. Zum einen richtet sich die Aufforderung "Weniger schlecht programmieren" an Anfänger, die ihre erste oder zweite Sprache erlernen und nun über den Tellerrand schauen wollen. Viele Dinge, die hier vorgestellt werden, sind in guten Einstiegsbüchern schlichtweg Basiskonzepte. Häufig verwendete Code-Blöcke als Funktionen auszulagern, kritische Sequenzen mit einem Try-Catch-Block zu ummanteln oder anstatt ein eigenes Wiki zu schreiben auf ein vorhandenes zurückzugreifen sind nun nicht die erleuchtenden Tipps und Tricks, die zu erwarten waren. Auch die kurzen Seitensprünge ins Web - die meisten Tipps sind sehr allgemein gehalten - sind nicht sehr gehaltvoll. Formulareingaben nicht einfach zu übernehmen ist ein wertvoller Hinweis, aber mit zwei Sätzen und einem Beispiel abgearbeitet. Weitere Beispiele sind die Normalformen, die knapp vorgestellt werden - weitere Lektüre (in anderen Werken) ist unausweichlich.
Generell liest sich das Werk flüssig. Die mitunter sehr kurzen Absätze zu den einzelnen Tipps wirken zwar "kochbuchartig" und sind recht kompakt gehalten, überzeugen aber mit griffigen Schlagworten und verständlichen Anweisungen. Der ein oder andere humorvolle Zusammenhang ist gekonnt in den Text integriert und auch Zitate, Twitternachrichten oder Erkenntnisse sind ansprechend in den Kapiteln untergebracht. Aufgelockert werden die vielen Tipps durch eigene Erfahrungen der Autoren und einigen Gastbeiträgen zu dem jeweiligen Themenblock. Nicht umsonst prangt auf dem Klappentext die Aussage, dass Jander "einmal dumm angefangen" hat. Ohne Überheblichkeit, auf Augenhöhe - aber ohne weitere Lektüre nur selten umzusetzen.
Kurzum: "Weniger schlecht programmieren" hat seine Höhe-, aber auch Tiefpunkte. Einige gute Hinweise zur Verbesserung der eigenen Entwicklungsstrategie werden gegeben, die sich auch zügig und konsequent umsetzen lassen. Jedoch sind die meisten Ansätze nur für Neulinge interessant und in diesem Fall nicht aussagekräftig, da nur die Fehler aufgezeigt werden, die konkrete Behebung/Vermeidung aber außen vor bleibt.
Ein Probekapitel wird bei O'Reilly angeboten.