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Äthiopien gelang, was nur wenigen afrikanischen Reichen gelang: dem kolonialen Bestreben der europäischen Mächte zu widerstehen. Allein in einer kurzen Phase unter Mussolinis Italien musste sich Äthiopien einer ausländischen Macht beugen. Diese Zeit fällt in die Regentschaft des letzten Kaisers dieses Landes. Haile Selassie regierte Äthiopien zwischen 1916 und 1975. Dabei hinterließ er sowohl den Zeitgenossen als auch der Nachwelt ein gespaltenes Bild.
Asfa-Wossen Asserate ist ein in Deutschland lebender Großneffe des letzten afrikanischen Kaisers. Seine gut 400-seitige Biographie über ihn führt sowohl in sein Leben als auch in die Geschichte Äthiopiens im 20. Jahrhundert ein. In neun 20- bis 60-seitigen Kapiteln beschreibt er den Werdegang Selassies von seiner Geburt bis zu seiner Absetzung 1975. Die Kapitel behandeln dabei Abschnitte wie seinen Kampf um den Thron während des Ersten Weltkrieges, der Zeit der italienischen Besetzung oder die Entkolonialisierung Afrikas.
Gerahmt wird diese Biographie durch einen Prolog und einen Epilog, in denen der Autor aus seinen persönlichen Erfahrungen berichtet. Außerdem findet der Leser im Anhang den Anmerkungsapparat, einen Glossar, eine Genealogie sowie ein Literaturverzeichnis und ein Personenregister. In der Buchmitte sind einige Fotografien abgedruckt und im Einband eine Karte Äthiopiens.
Asfa-Wossen Asserates Biographie "Der letzte Kaiser von Afrika - Triumph und Tragödie des Haile Selassie" vermittelt einen lebendigen Eindruck vom Leben des langjährigen Regenten. Sie ist spannend geschrieben, und obwohl der Autor nicht den Anspruch erhebt, eine wissenschaftliche Studie vorzulegen, ist sie doch fundiert und in einem objektiv-differenzierten Stil gehalten.
Haile Selassie war eine facettenreiche Figur, das ist eigentlich die Aussage dieses Buches. Er hat sich als prowestlicher Reformer um die Entwicklung seines Landes bemüht, aber musste auch brutale Machtpolitik oder Hungersnöte in seinem Land verantworten. Er galt sowohl als Sprachrohr der afrikanischen Freiheitsbewegung wie auch als imperialer Herrscher. So wurde er gleichsam verehrt, am Ende aber doch von einer kommunistischen Bewegung vom Thron gestoßen. Asserate gelingt es nachvollziehbar, diese widersprüchlichen Bilder von Selassie und ihr Zustandekommen verstehbar zu machen.
Gleichzeitig gibt er mit diesem Buch eine kleine Einführung in die Geschichte Äthiopiens, ein Land, über das in Deutschland nur wenige Menschen breite Kenntnisse besitzen. Der Leser lernt einiges über die politische, ökonomische und soziale Entwicklung des Landes, in dem viele Ethnien und Religionsgemeinschaften zusammenleben. Dabei wird auch deutlich, wie wenig rückständig das Königreich Äthiopien war, das immerhin fähig war, große europäische Armeen zurückzuschlagen und bestrebt war, technische Innovationen aus dem Westen zu übernehmen. Allein aufgrund dieser Erkenntnisse lohnt sich die Lektüre dieses Buches schon.
Die Ausstattung des Bandes ist ebenfalls ihr Geld wert. Ein recht großer Anhang für eine nicht-wissenschaftliche Studie bietet den Lesern einige zusätzliche Informationen. Auch die vielen Abbildungen in der Buchmitte geben einen zusätzlichen Eindruck von den wichtigsten vorkommenden Personen.
Insgesamt hat Asserate eine spannend zu lesende Biographie einer polarisierenden Persönlichkeit geschrieben, die den Leser zugleich in die Geschichte eines hierzulande nicht gerade viel beachteten Landes einführt. Eine lohnende Lektüre!
Eine Leseprobe gibt es auf der
Verlagswebsite.