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28. Juni 1914. Ein strahlend schöner Tag in Sarajevo, im von Österreich annektierten Bosnien. Zu Besuch der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand. Auf den Straßen sieben junge Verschwörer, welche die Gelegenheit zu einem Attentat nutzen wollen. Doch zunächst scheint der österreichische Erbprinz Glück zu haben: Ein Sprengsatz prallt vom aufgeklappten Hinterdach ab und verletzt lediglich einen Insassen des nachfolgenden Wagens. Trotz dieses Vorfalls setzt der österreichische Erbprinz die Fahrt unbeirrt fort, beschließt jedoch vor dem Rathausbesuch den Verwundeten zu besuchen, ohne die Chauffeure des Konvois in ausreichender Weise davon zu unterrichten. So kommt es, dass die Wagen einen falschen Weg einschlagen und umdrehen müssen. Und dies genau an jener Stelle, an der mit Gavrilo Princip ein weiterer Attentäter wartet. Und dann geht alles ganz schnell: Geistesgegenwärtig gibt Princip zwei tödliche Schüsse auf Franz Ferdinand und seine Frau ab.
Es gibt wohl kaum einen Attentäter, der einen derartigen Flächenbrand ausgelöst hat, als Gavrilo Princip im Jahre 1914. Denn mit seinem Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand hat er nichts anderes als den Ersten Weltkrieg eingeläutet. Schon unzählige Male wurden die entscheidenden Szenen rund um das Attentat beschrieben, doch wer dieser Mensch Gavrilo Princip war, das blieb bislang im Dunkeln.
So machte sich der österreichische Journalist und Balkankenner Gregor Mayer auf, den Spuren dieses serbischen Gymnasiasten nachzuspüren. Dazu wertete er Briefe, Gedichte, Zeitschriftenbeiträge der Verschwörer sowie die Plädoyers im Strafprozess aus. Hinzu kommen die bemerkenswerten Aufzeichnungen des Wiener Nervenarztes Dr. Martin Pappenheim, welcher Princip vier Mal im Festungskerker von Theresienstadt besucht hat.
Mit diesem Buch legt Gregor Mayer eine beeindruckende Annäherung an die Person Gavrilo Princip vor. Es handelt sich dabei um keine klassische Biografie, welche den Werdegang des Attentäters chronologisch nachzeichnet, sondern um eine packende Charakterstudie eines radikalisierten jungen Menschen. Ein ums andere Mal verlässt Mayer dabei die ausgetretenen Wege historischer Sachbücher. So beginnt Mayer gleich zu Beginn mit einem Paukenschlag: Er geht das Wagnis ein, die Begegnung Gavrilo Princips mit dem Wiener Nervenarzt Dr. Pappenheim szenisch auszugestalten. Und ja: So kritisch dies auf den ersten Blick auch erscheinen mag. Es ist genau der richtige Weg, um dem Leser den Menschen Gavrilo Princip sowie den Zeitkolorit näherzubringen. Ganz anders, jedoch ähnlich überzeugend, sind auch die Beobachtungen von Mayers Ortserkundungen wie denen der Gefängniszelle in Theresienstadt sowie der des Geburtshauses in Gonrji Obljaj.
Trotz solcher persönlichen Annäherungen muss der Leser aber auf der anderen Seite nicht auf harte Fakten verzichten. Denn genauso überzeugend wie Mayer den Leser in vergangene Zeiten entführen kann, genauso präzise stellt er auch die Hintergründe dar. Immer wieder zieht Mayer dabei auch kluge Entwicklungslinien zur Gegenwart, sodass das Buch weit mehr ist, als die Bezeichnung "historische Reportage" auf dem Buchumschlag vermuten lässt.
FAZIT: ein beeindruckendes und außergewöhnliches Sachbuch, welches sich auf mutige Art und Weise dem Attentäter Gavrilo Princip annähert; fesselnd und informativ zugleich
Weitere Informationen zum Buch sowie eine Leseprobe finden sich auf der Webseite des Verlags