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Die Bilder sind noch präsent: 2010 demonstrierten unzählige Bürger Stuttgarts gegen den Bau des neuen Tiefbahnhofs "Stuttgart 21". Auch andernorts kann ein derartiger Trend zum "Wutbürger" - so die gängige Bezeichnung, welche 2010 zum "Wort des Jahres" gewählt wurde - beobachtet werden. Denn Proteste gegen Großprojekte sind "in". Auch wenn die Motive andere waren, so lässt sich das Phänomen des "Wutbürgers" bereits im Mittelalter beobachten. Ob in Köln, Leipzig oder Worms, in Augsburg, Braunschweig oder Ulm, aber auch in Wismar oder Münster - in all diesen Städten probte das Bürgertum den Aufstand. Die genannten Städte stehen stellvertretend für verschiedenste Bürgerunruhen im Zeitraum zwischen 1301 bis 1550, welche die Journalistin Karin Schneider-Ferber mit dem vorliegenden Buch "Aufstand der Pfeffersäcke" vorstellt.
Titelgebend waren die "Pfeffersäcke", die Kaufleute Leipzigs, welche ihre Rechte und Ansprüche nach einer Klostergründung des Markgrafen von Meißen bedroht sahen. Mit List und Tücke konnte sich der Markgraf hier zwar zunächst durchsetzen, doch dies war nur ein Gewinn auf Zeit. Mit steigendem Wohlstand wuchs der Widerstand erneut an und der Markgraf musste immer mehr Zugeständnisse an die Bürger Leipzigs machen, was der Stadt zahlreiche Privilegien wie das Recht zur Beglaubigung von Rechtsgeschäften einbrachte.
Mittelalterliche Geschichte wirkt bisweilen spröde und fern der Gegenwart. Dass das nicht immer so sein muss, macht Karin Schneider-Ferber mit dem vorliegenden Band deutlich. Bereits mit ihrem geistreichen Vorwort stellt sie bei allen Unterschieden überraschende Gemeinsamkeiten zwischen dem gegenwärtigen Phänomen des "Wutbürgers" und den städtischen Bürgeraufständen des Mittelalters fest, welche auch im weiteren Verlauf immer wieder aufscheinen. Die Autorin bedient sich dabei einer modernen Sprache und scheut auch nicht davor zurück, mittelalterliche Phänomene in den modernen Sprachgebrauch zu übertragen.
Nicht nur hier zeigt sich, dass es Karin Schneider-Ferber als Mitarbeiterin der Geschichtszeitschrift "G-Geschichte" gewohnt ist, für ein breiteres Publikum zu schreiben. Deutlich wird dies auch an der überraschend klaren Darlegung mittelalterlicher Phänomene, wie dem Verlagssystem. Unterhaltsam wird das Buch zudem dadurch, dass es der Autorin immer wieder gelingt, die Besonderheiten - an manchen Stellen passt wohl eher der Begriff "das Skandalöse" - mancher Vorgänge auf den Punkt zu bringen. Sie bewegt sich dabei gekonnt zwischen populärwissenschaftlicher Darlegung und seriöser wissenschaftlicher Fundierung.
Illustriert werden die Ausführungen durch zehn mehr oder weniger zeitgenössische Stadtansichten, die zwar im Anhang erläutert werden, insgesamt jedoch zu klein und in schlechter Druckqualität abgebildet wurden. Verzichten muss der Leser weiterhin auf ein Register.
Trotz dieser geringfügigen Abstriche: ein erfrischend moderner Blick auf verschiedene Bürgerkämpfe im Mittelalter.
Einen Blick ins Inhaltsverzeichnis sowie weitere Informationen zum Buch finden sich auf der Webseite des Verlages.