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Nach der Übersetzung des ersten Bandes von Marcel Prousts "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" durch Bernd-Jürgen Fischer folgt im Jahr 2014 nun der zweite Band in neuer Übersetzung. In "Im Schatten junger Mädchenblüte" werden die Jugendjahre des Erzählers beschrieben. Wie im ersten Band Swann Odette in Liebe verfällt, so verliebt sich der Erzähler nun in deren Tochter Gilberte. Er versucht alles, um ihr möglichst oft nahe zu sein und macht sein ganzes Glück von dieser Nähe abhängig. Später in diesem über 800-seitigen Roman verbringt der Erzähler einen Sommer in Balbec und schließt sich einem Freundeskreis junger Mädchen an ...
Der zweite Band von Marcel Prousts "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" macht da weiter, wo der erste aufhörte. Er erzählt von einer krankhaft anmutenden Liebe zu einem Mädchen, die einen Jungen komplett einnimmt, ohne noch viel Raum für andere Dinge in seinem Leben zu lassen. Auf hunderten von Seiten wird die Gefühlswelt des Erzählers erforscht, jede kleine Begebenheit auf ihre emotionale Wirkung hin untersucht. Unterbrochen wird diese "Liebesgeschichte" nur von dem Interesse des Erzählers für Dichtung und Theater.
Proust vermag es, dem Leser die Fixierung des Erzählers in Gilberte in all ihren Facetten nahe zu bringen. Jedes noch so winzige Detail kann eine heftige emotionale Wirkung auslösen, die wortgewaltig auf mehreren Seiten beschrieben wird. Es ist diese beschreibende Kraft Prousts, die diesen Roman so lesenswert macht, trotz seiner absichtlichen inhaltlichen Redundanz. Weniger die Handlung an sich als viel mehr die Beobachtungs- und auch Selbstbeobachtungsgabe des Autors, die auch aus Details eine Menge zu ziehen vermag, geben dem Roman seine Wirkmächtigkeit.
Die Übersetzung von Bernd-Jürgen Fischer schließt stilistisch ebenfalls am ersten Band an mit möglichst genauen, aber nicht zu mechanischen Übersetzungen, die dem Stoff angemessen sind. Auch hilft der Anmerkungsapparat mit vielen Erklärungen zu erwähnten Orten, Personen und Ereignissen viele Zusammenhänge und Anspielungen zu verstehen. Ein Literaturverzeichnis und ein Namensregister bieten auch die Möglichkeit für eine intensivere Beschäftigung mit dem Roman. Für die Handhabung des Textes und des Anmerkungsapparates ist es sehr hilfreich, dass zwei Lesekordeln vorhanden sind, und nicht nur eine, wie beim ersten Band. Das erleichtert das Hin- und Herblättern zwischen Text und Anmerkungen erheblich.
Insgesamt ist auch der zweite Band des Romanzyklus in seiner neuesten Übersetzung absolut zu empfehlen. Inhaltlich schließt der Text am ersten Band nahtlos an. Wer Swanns Jagd auf Odette gerne verfolgte, wird auch die Jagd des Erzählers auf Gilberte zu schätzen wissen. Übersetzung und Ausstattung sind mindestens auf dem gleichen Niveau wie der erste Band, wenn nicht auf höherem. Daher lohnt sich der Kauf für alle Proust-Fans!
Eine Leseprobe gibt es auf der
Verlagswebsite!