Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Gefühl | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Nach der Kindheit und der Jugend erzählt der dritte Band von Marcel Prousts Romanserie "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" von den ersten Jahren des Protagonisten in der Welt der Erwachsenen.
Der gut tausendseitige Band spielt wieder in Paris, mit Ausnahme eines kurzen Besuches in Doncières. Der Erzähler versucht sich in der Gesellschaft der Eliten der französischen Hauptstadt zurechtzufinden und strebt weiter danach, Künstler zu werden. Dabei entdeckt er zunehmend, dass sich sein Geschmack und seine Weltsicht verändern. Was ihn einst begeisterte, verliert an Zauber und was ihn als Kind enttäuschte, lernt er nun zu schätzen. Zugleich bleibt das Hauptmotiv, das Verhältnis des Erzähler zu den Frauen, auch in diesem Band zentral. Er lernt neue Frauen kennen, aber trifft auch alte bekannte wieder. Das einschneidenste Erlebnis ist für den Protagonisten jedoch der Tod seiner geliebten Großmutter ...
Der dritte Band der Romanserie "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit", Marcel Prousts "Der Weg nach Guermantes", reiht sich stilistisch und inhaltlich auf dem gleich hohen Niveau wie die beiden vorangegangenen Bände ein. Allerdings verschiebt sich der Fokus deutlich. Der Erzähler schaut nicht mehr aus der naiven Sicht eines Kindes auf die Welt, sondern ist inzwischen ein junger Erwachsener, der mit einem anderen, analytischen Blick seine Welt wahrnimmt.
So wird in diesem dritten Band mehr als in den Bänden zuvor ein kritischer Eindruck von der adligen Gesellschaft von Paris vermittelt. Standesdünkel, Überheblichkeit, Belanglosigkeit und vor allem Langeweile sind wohl die prägenden Begriffe dieses Milieus am Ende des 19. Jahrhunderts. Dennoch will der Erzähler Teil dieser Gesellschaft sein, zum einen weil er sich selbst als Künstler sieht und gerne mit Künstlern in Kontakt kommt, zum anderen weil er sich immer wieder in Frauen verliebt, die er auf "Gesellschaften" kennenlernt. Diese Frauen sind es nach wie vor, die ihn, wie auch in den Bänden zuvor, antreiben, sich in diesen Gesellschaften bewegen zu wollen. Diesmal verliebt er sich in eine ältere Herzogin, die seine Avancen nicht erwidert. Nach dieser Episode trifft er eine alte Bekannte wieder, die sich ihm verweigert hatte, nun aber anscheinend offener auf seine Begierden reagiert.
Proust schildert im dritten Band seines Romanzyklus die Veränderungen, die ein junger Mann durchmacht, der zwischen Jugend und Erwachsenenalter steht und noch immer seinen Träumen und Sehnsüchten nachrennt, aber bereits fähig ist, sein eigenes Verhalten und das seiner Umgebung zu reflektieren. Einschneidende Erlebnisse wie der Tod seiner Großmutter und eine abermalige unglückliche Liebe sind dabei die Ereignisse, anhand derer diese Entwicklung dargestellt wird.
Stilistisch ist vor allem zu loben, dass die Entscheidung des Reclam-Verlages, alle sieben Bände dieses Werkes aus einer Hand neu übersetzen zu lassen, Wirkung zeigt. Alle drei bisher erschienenen Bände sind nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich eine Einheit. Der Leser kommt schnell in den manchmal von sehr langen Sätzen und Einschüben geprägten Schreibstil hinein, wenn er bereits den Stil des Übersetzers aus den ersten beiden Bänden kennt. Auch ist natürlich der ganze Anmerkungsapparat des Übersetzers eine nützliche Hilfe. Personen, Orte und Geschehnisse werden erläutert und machen vieles verständlicher.
So ist auch der dritte Band dieser Neuübersetzung gelungen und seinen Preis wert!
Eine Leseprobe gibt es auf der
Verlagswebsite!