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Sam Zabel, 40 Jahre alt, verheiratet, Comiczeichner.
Sams Kurzbio lässt einen glücklichen Menschen erahnen. Schließlich lebt er in einer Partnerschaft und scheint sein Hobby zum Beruf gemacht zu haben. Wer schafft es schon, hauptberuflicher Comiczeichner und -autor zu werden?
Aber Sam steckt in einer Krise. In einer sehr tiefen Krise. Seit bereits sechs Jahren hat er eine Kreativblockade. Er kann kaum zeichnen oder schreiben - ihm fällt einfach nichts Neues ein. Zwar schreibt er weiterhin, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, die Arbeit aber für den Superhelden-Comic Lady Night erfüllt ihn nicht und das Ergebnis könnte zudem weitaus besser sein. Ist womöglich doch die triviale und sexuelle Fantasien erfüllende Lady Night schuld an seinem Dilemma? Oder ist es doch Sam, der über die Jahre in eine Depression gerutscht ist. Tiefer und tiefer …
Als ihm ein Exemplar des Comics "Der König des Mars" in die Hände fällt, passiert etwas Unfassbares. Sam niest auf die Seiten und findet sich nach dem Nieser direkt auf dem Mars wieder! Er ist tatsächlich in die Welt des Comics gewechselt und kann zwischen Traum und Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden. Ist dies ein Traum, in dem er als König des Mars gefeiert wird? In dem er von seinem Harem grünhäutiger Venus-Frauen auf einem 50-Personen-Bett verführt wird? Die mit Düsenstiefeln beschuhte Miki wird ihm noch so manche Welt zeigen und in die Geheimnisse des Comic-Reisens einführen. Der Mars ist erst der Anfang ...
Macht das Cover und ein erster Blick auf die Zeichnungen Dylan Horrocks in seiner Graphic Novel "Sam Zabel in: Der König des Mars" einen verspielten Eindruck, zeigt sich die Story nach einem tieferen Blick und den ersten Seiten doch als emotionale Achterbahnfahrt durch viele verschiedene Welten und Gemütszustände. Besonders der Gegensatz zwischen den oft süß und niedlich wirkenden Zeichnungen und den immer wieder auftauchenden erotischen Inhalten ist erfrischend. Dieser Bruch der oft üblichen Genregrenzen macht beim Lesen eine Menge Spaß und lässt den durch und durch erwachsenen Comic zu einem neuartigen Erlebnis werden.
Ein weiterer Gegensatz ist der zwischen dem eigentlichen Storyhintergrund: die Schreib- und Zeichenblockade des Sam Zabel und der Umsetzung dieser Story durch den Autor Dylan Horrocks. Denn die vom Autor erzählten Erlebnisse des Protagonisten in diesem Band sprühen nur so vor Ideen und Fantasien - eben der krasse Gegensatz zu einer Blockade. Bei der Beschreibung der Reisen durch die real werdenden Comicwelten wechseln die einzelnen Settings manchmal von einem Panel zum nächsten - die Dialoge aber fließen weiter und werden ohne Unterbrechung weitergeführt. Eine Kombination von Geschwindigkeit und doch gleichbleibender Kontinuität im Szenario machen diese Graphic Novel zu einem besonderen Erlebnis. Hinzu kommen die liebevoll gestalteten Panels, Details der fremden Welten werden in kleinen Texten erläutert. Am Ende des Bandes schließt sich außerdem noch ein vier-seitiges Glossar an, in dem ausführlichere Erläuterungen zu Ursprüngen vieler Storyelemente aus der Kultur und Geografie Neuseelands und den Maori gegeben werden.
In etwa der Mitte des Comics droht die Geschichte in eine feministische Richtung abzudriften, die sofort einen unangenehmen belehrenden Beigeschmack beim Lesen erzeugt. Jedoch nimmt Horrocks genau diese Gefühlsregung des Lesers gekonnt auf und läuft dann wieder in seine ganz eigene Richtung. Gut so!
Insgesamt ist Dylan Horrocks mit dieser Erzählung eine bunte, anspruchsvolle und richtig gute Graphic Novel gelungen! Eine klare Leseempfehlung.
Auf der Webseite des Verlages finden sich einige Beispielseiten als Leseprobe.