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Dass zwischen Gut und Böse Krieg herrscht, ist jedem aus diversen Büchern und Filmen bekannt. Doch dass beide Parteien Wächter beschäftigen, die das Gleichgewicht wahren, ist neu. Doch genau dies tun die Seiten in Sergej Lukianenkos Trilogie, dessen erster Teil unter dem Namen "Wächter der Nacht" erschienen ist. Dieser Teil beschäftigt sich mit der Nachtwache, also denen, die gemeinhin als die Guten bezeichnet werden und versuchen, im Gewirr der Nacht ein gewisses Maß an Ordnung und Sicherheit zu wahren. Ihre Gegner sind normale Verbrecher, Tiermenschen oder auch Vampire. Doch zu sehr dürfen auch die Wächter nicht eingreifen, sonst darf eine böse Tat gleichen Ausmaßes vollbracht werden. Dieses Prinzip des Gleichgewichts herrscht, seit Gut und Böse erkannten, dass der andauernde Krieg um die Seelen der Menschen zu viele Opfer auf jeder Seite fordert. Doch das Gleichgewicht ist nicht sehr sicher, schon ein kleiner Windhauch kann es komplett umkehren.
Diese Gefahr lernt Anton, Mitglieder der Tagwache, kennen. Er muss an mehreren Fronten gleichzeitig kämpfen: Er muss an mehreren Fronten gleichzeitig kämpfen: Einerseits muss er eine junge Frau vor einem Fluch retten - dargestellt als Wirbelwind über ihrem Kopf -, der immer weiter mit Hass genährt wird und droht, die gesamte Stadt Moskau ins Unglück zu stürzen. Um den Fluch zu bekämpfen, muss die Quelle gefunden werden, doch dies erweist sich als schwerer als gedacht. Andererseits rettet Anton einen kleinen Jungen vor einem Vampir ohne Lizenz, der ihn beißen wollte. Dieser Junge scheint jetzt schon große Kräfte zu haben, die ihn zu einem mächtigen Magier machen können. Doch er hat sich noch nicht für eine Seite entschieden, also versuchen Tag- und Nachtwache, ihn mit allen Mitteln auf ihre Seite zu ziehen.
Im Laufe der Geschichte entdeckt Anton, wie diese beiden Personen zusammenhängen und von wem der Antrieb zu ihrem Handeln ausgeht. Doch das erleichtert den Kampf nicht, sondern erschwert ihn eher.
Dieser erste Band ist in drei Bücher eingeteilt, die alle zusammenhängen und aufeinander aufbauen. So zieht sich der Kampf um die Seele des kleinen Jungen durch alle drei Bände, die Frau spielt auch über den Fluch hinaus eine sehr wichtige Rolle. Doch auch neue Personen und Fälle werden eingeführt, so zum Beispiel der Fall eines guten Magiers, der nicht rechtzeitig gefunden wurde und nun auf eigene Faust und ohne das Wissen, einer von vielen zu sein, schwarze Magier umbringt. Auch dieser Fall ist von langer Hand geplant und droht, das Gleichgewicht endgültig zu zerstören.
Die Auflösungen der einzelnen Geschichten sind stets sehr überraschend und durchdacht, doch wirken sie nie konstruiert oder gezwungen geplant.
In den drei Büchern werden viele Personen eingeführt, die immer wieder auftreten. Anton ist die Hauptperson, der den Leser durch das Geschehen führt. Auch die anderen Mitglieder der Nachtwache und einige wichtige Wächter der Tagwache, also die so genannten "Bösen", werden vorgestellt und weiter entwickelt.
Der Autor stellt mit seiner Theorie des Gleichgewichts zwischen Gut und Böse keine Neuheit vor, doch zeigt er auch die "Bösen" als mehr oder weniger normale Menschen, die sich eines Tages für ein Leben im Schatten entschieden. Dies ist ein geschickter Schachzug, da so Schwarz-Weiß-Malerei verhindert wird und der Leser nicht komplett Partei für eine Seite ergreifen kann. Dieser Zwiespalt wirkt sehr realistisch, denn er findet sich im Leben jedes Einzelnen. Keiner kann immer gut oder immer böse sein, so gibt es auch in der Nachtwache Situationen, in denen plötzlich diese Guten anfangen zu hassen, obwohl sie genau wissen, dass dies sie auf die Gegnerseite ziehen kann, wenn sie nicht aufpassen.
Dieser Roman ist in Russland erfolgreicher als "Der Herr der Ringe", was vielleicht zu einem großen Teil am Schauplatz Moskau liegt, der sehr passend gewählt ist. Auch ist dies ein Fantasy-Roman, der die reale Welt sehr eng mit der ausgedachten verbindet und so einen besonderen Reiz ausübt, da er nicht nur für Fans von Zauberern, Elben und Feen interessant ist. Doch die oft gehörten Lobhymnen, Lukianenko sei besser als Tolkien, erscheinen mir persönlich übertrieben, doch die Geschmäcker sind verschieden.
Das Buch hat durchaus Längen, in denen der Leser sich wünscht, dass der Autor sich hier kürzer gefasst hätte, doch diese stören den Lesespaß nicht zu sehr. Und zu erleben, dass auch weiße Magier sich wie ganz normale Menschen mit Wodka betrinken und bis zum Morgen über die Welt philosophieren, oder dass auch die Beschützer der Menschen unter menschlichen Problemen wie Eifersucht leiden, kann eine sehr tröstliche und amüsante Erfahrung sein.
Ein geschicktes Mittel des Autors ist es, dass er immer wieder die Lieder verschiedener russischer Bands einstreut. Anton, die Hauptperson, hört bei der Arbeit immer Musik, manche dieser Lieder passen so genau in die Handlung, als wären sie eigens dafür geschrieben worden, und vermitteln dem Leser eine ganz eigene Atmosphäre.
Fazit:
Ein Fantasybuch abseits der normalen Wege, welches auch für die Leute interessant sein könnte, welche bis jetzt mit Fantasy nichts anfangen konnten. Der Folgeband "Wächter des Tages", welcher sich wohl, wie der Name verrät, mit der Tagwache beschäftigen wird, erscheint im April dieses Jahres.