Die Millionenstadt Berlin kann auf eine wechselhafte Geschichte zurückblicken: kaiserliches Vorzeigeobjekt, Schauplatz der Goldenen Zwanziger, Hauptstadt des NS-Regimes sowie einer der Brennpunkte des Kalten Krieges. Anhand von Berlin lässt sich die deutsche und europäische, ja sogar die Weltgeschichte studieren. Daneben zählt Berlin heute zu einer der "angesagtesten" Metropolen Europas, welche historisches Erbe und modernes Flair vereint. Nicht umsonst zieht es alljährlich viele junge Menschen, Kulturschaffende und viele Touristen nach Berlin.

Insgesamt enthält der Band 120 Fotografien, die Berlin in all seinen Facetten zeigen. Hier stehen politische Orte neben kulturellen Sehenswürdigkeiten, Bilder von Massenveranstaltungen neben Alltagsaufnahmen oder auch Ortsporträts neben Abbildungen einzelner Personen beziehungsweise Personengruppen. Ausnahmslos handelt sich dabei um professionelle Fotografien, welche besondere Momente, Ereignisse oder Orte künstlerisch in Szene setzen. Nicht immer steht hier die Stadt selbst im Mittelpunkt. Gezeigt werden auch einzelne Menschen dieser Stadt – beispielsweise ein Skat spielender West-Berliner in den 1980er Jahren oder zwei junge Frauen, die sich in den 1950`er Jahren in einem Ballhaus amüsieren. Zeitlich reichen die Aufnahmen vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in das Jahr 2014. Ergänzt werden die Fotografien zudem durch kurze Bilderklärungen in Deutsch und Englisch. Der Band richtet sich daher insbesondere auch an Touristen.

Bewusst verzichten die beiden Herausgeber auf eine Gegenüberstellung von historischen und aktuellen Aufnahmen zu einzelnen Sehenswürdigkeiten. Der Band ist daher vielmehr eine bunte Sammlung an künstlerisch wertvollen Fotografien. Da diese jedoch recht wahllos aneinandergereiht werden – eine Untergliederung nach Stadtteilen, Zeitabschnitten oder Inhalt fehlt - wirkt der Band alles in allem in seiner Zusammenstellung etwas uninspiriert. Lediglich auf einzelnen Seiten stellen die Herausgeber bestimmte thematisch zusammengehörige Bilder nebeneinander, ohne dies explizit zu kennzeichnen oder auf die Systematik ihrer Zusammenstellung hinzuweisen. Aufgrund dieser fehlenden inhaltlichen Struktur wirkt die Auswahl der einzelnen Bilder insgesamt zu beliebig. Hinzu kommt, dass einzelne Fotografien wie jenes mit zwei Eisbären, welche als Erinnerung an den tierischen Medienstar Knut abgebildet wurden, doch etwas zu belanglos sind, als dass sie die Aufnahme in einen derartigen Band verdient haben. Auf der anderen Seite enthält der Band aber auch tiefgründige Fotografien, die in ihrer Komposition eine hohe Aussagekraft besitzen. Stellvertretend steht hier eine Aufnahme um 1900, welche Altes (Pferdekutschen) und Neues (Dampflokomotive) in einem Bild eindrücklich in Szene setzt. Auch wenn einzelne dieser durchkomponierten Bilder wie der anfliegende Rosinenbomber bereits feste Bestandteile des kulturellen Gedächtnisses sind, sind es dennoch genau jene Aufnahmen, die dem Betrachter etwas zu sagen haben. Da die Erläuterungen zu den Bildern jedoch relativ kurz sind und beispielsweise kaum Informationen zu den Entstehungsumständen bieten, muss sich der Betrachter viele Bilddetails sowie insbesondere die kompositorischen Details entweder selbst erschließen oder er entscheidet sich für die wohl durch die Herausgeber intendierte Lesart, die Bilder einfach auf sich wirken zu lassen.

FAZIT: Ein abwechslungsreicher Bildband ohne echte inhaltliche Ausrichtung. Wer einfach ein wenig "Berliner Zeitgeist" aufsaugen möchte und sich etwas in der Geschichte und Gegenwart dieser Stadt treiben lassen möchte, der wird an diesem Band gefallen finden. Leser, die dagegen einen systematischen oder chronologischen visuellen Zugang suchen, dürften hingegen von dem Band enttäuscht sein.

Weitere Informationen zum Buch finden sich auf der Webseite des Verlags.