Als Wynter Atrialan in Sommergrund einzieht, ist das kein Grund zur Freude. Der König von Winterfels kommt als Eroberer, der nach drei Jahren Krieg den Besiegten seine Bedingungen mitteilt. Kein Wunder, dass sein Empfang alles andere als herzlich ist. Wynter kümmert das wenig, will er doch Rache für den Verlust seiner Verlobten und den Tod seines Bruders. Aus diesem Grund fordert er eine der Prinzessinnen zur Frau. Sollte diese ihm nicht innerhalb eines Jahres einen Erben schenken, ist sie dem Tod geweiht. So will er Sommergrunds König, der seine drei Töchter abgöttisch liebt, Kummer bereiten. Von Chamsin, der vierten Tochter, weiß er nichts. Sie lebt unbeachtet mit ihrer Kinderfrau in Sommergrund, dem Vater verhasst und ein willkommenes Opfer für die harschen Bedingungen, die der Winterkönig stellt. Chamsin hingegen ist fest entschlossen, ihr Glück zu finden und ihr Volk zu retten.

Nach dem Erfolg der Tairen-Soul-Reihe präsentiert C. L. Wilson nun die Bücher um die Wettermagier und beginnt mit den Büchern "Der Winter erwacht" und "Wenn der Sommer stirbt". Beide zusammen erzählen die Geschichte um Chamsin und Wynter und sollten unbedingt zusammen gelesen werden, da die Handlung sonst unvollständig ist.

Mit "Der Winter erwacht" beginnt nun die Liebesgeschichte der beiden so unterschiedlichen Protagonisten, der stürmischen Chamsin und Wynter, der so kalt und distanziert ist, dass seine Braut manchmal glaubt, er bestünde aus Eis. Eigenschaften wie diese sorgen dafür, dass es mit den beiden nicht langweilig wird und die Autorin gibt sich alle Mühe, das Buch spannend zu gestalten, wobei sie es streckenweise ein wenig übertreibt.

Natürlich ist Chamsin nicht nur reinen Herzens, sondern auch schön. So ist das nun mal mit Heldinnen in Liebesromanen. Auch ein schweres Schicksal ist nicht wirklich ungewöhnlich. Dieses Mal entsteht jedoch der Eindruck, dass Frau Wilson noch eine Schippe drauf legen wollte, denn Chamsin bezaubert ihren Mann noch, wenn sie dem Tode nah, beinahe verhungert und voller Wunden ist. Ihr Vater mag sie bis zur Ohnmacht prügeln, doch in der Hochzeitsnacht empfängt sie Wynter voller Leidenschaft. Um Himmels Willen, da hätte die Hälfte doch auch gereicht!

Auch Wynter muss ein schweres Schicksal bewältigen, denn er wurde nicht nur früh Waise, sondern muss auch den Tod seines Bruders verkraften, der ermordet wurde. Der einstmals fürsorgliche und warmherzige Mann hat den Eisblick in sich aufgenommen, eine dunkle Substanz, die ihm enorme magische Kräfte verleiht, sein Herz dagegen erkalten lässt.

Bestärkt werden diese Eindrücke durch die Personenbeschreibungen im Buch, die Wynter mit eisig- oder hellblauen Augen ausstatten, wohingegen Chamsin sturmgraue oder silberne Augen besitzt, die bei jeder Gelegenheit erwähnt werden, ebenso wie die Leidenschaft, die zwischen beiden knistert.

Nun gut, wie die Figuren aussehen, ist nun klar, doch was passiert in diesem Band? Hier stehen die Leser vor einem Problem, denn bei allem guten Willen ist "Der Winter erwacht" nur eine halbe Geschichte, in der zu viele Fragen offen bleiben. Für einen spannenden Roman reicht das nicht und so liegt der Schwerpunkt des Buchs eindeutig auf der Liebesgeschichte. Schlecht muss das nicht sein, denn immerhin ist der Roman gefällig geschrieben und die Protagonisten wurden gekonnt in Szene gesetzt. Alldieweil hapert es am Umfeld gewaltig, denn alle anderen Figuren bleiben flach und klischeehaft. Eine mitreißende Handlung sieht anders aus und "Der Winter erwacht" bildet bestenfalls einen interessanten Anfang. Bleibt zu hoffen, dass die Fortsetzung hält, was der erste Band verspricht. Was noch nicht ist, kann und muss werden, damit C. L. Wilsons neue Reihe die Leser überzeugt und im Gedächtnis bleibt.

Eine Leseprobe findet sich auf der Verlagsseite.