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Ein Buch von einem Edelweißpiraten geschrieben, die Geschichte eines dieser Widerstandskämpfer gegen die Nazis und seiner Freunde, die eigentlich nur leben und gemeinsam singen wollten:
Wolfgang, im Allgemeinen nur Wolf genannt, ist ein Latscher, einer, der das Blech-Edelweiß unter dem Revers trägt und sich der Einordnung in die Hitlerjugend völlig verweigert. Er ist aber auch einer, der bei einem Fliegerangriff mit Brandbomben im Dach seines Hauses steht und die Zünder raus auf die Straße wirft, damit das Heim nicht abbrennt, wie bei so vielen Nachbarn im Dortmunder Norden. Wolf hat eine unheimliche Klappe, ist oft auch dann noch ziemlich cool, wenn andere furchtbares Muffensausen haben, und sein Lieblingssport ist es, HJ-ler zu verprügeln. Daneben sorgt er dafür, dass seine Familie überlebt, dass viele Nachbarn und die junge Halbjüdin von zwei Straßen weiter irgendwo im Sauerland unterkommt. Und er ist mit Hilde zusammen, die ein nettes Mädchen ist, aber auch eine Gruppenführerin des BDM, des Bundes deutscher Mädel - deshalb kann er sich leider nicht bei seinen Freunden mit Hilde sehen lassen.
Als der Krieg weitergeht, wird auch der Einsatz der Gestapo und der HJ gegen die Edelweißpiraten immer härter, und eine Pause vor der wütenden Verfolgung hat Wolf nur, als er eine zeitlang als tot gilt - aber bei dem Fliegerangriff, bei dem seine Mutter umkommt, ist Wolf bei einer jungen Witwe, die ihn schon mal unterstützt, dafür aber auch körperliche Bezahlung haben will. Bei einer Razzia kommt es dann zu einer riesigen Schlacht, bei denen Polizisten und HJ-ler gegen Edelweißpiraten, die aus dem ganzen Ruhrpott nach Dortmund gekommen sind, richtig unter die Räder kommen. Jetzt wird die Gestapo richtig wütend und schlägt mit aller Kraft zurück. Dabei wird auch Wolf geschnappt und sieht sich einer langen Leidenszeit gegenüber.
Kurt Piehl war nach dem Krieg Betonbauer und Eisenflechter, daneben auch Gewerkschafter - also alles andere als ein professioneller Schriftsteller. Seine Romane um die Edelweißpiraten und ihre Schicksale auch nach dem Krieg sind natürlich autobiografisch, aber auch dramaturgisch verschärft. Dabei herausgekommen ist ein manchmal handwerklich grober, aber sprachlich und inhaltlich sehr dichter Roman, spannend und bedrückend aufgrund der beiläufigen Brutalität, mit der dieser Junge immer und immer wieder schwer misshandelt wird. Teilweise in sehr rudimentärer und ruhrgebietsgeprägter Sprache unterhalten sich die Jugendlichen, die eine so andere Jugend hatten, als man sie sich heute vorstellen kann. Dass die Edelweißpiraten bis fast zum Ende des zwanzigsten Jahrhunderts nicht als Widerstandsgruppe anerkannt wurden, sondern nach dem Krieg von den gleichen Beamten, die sie während des Krieges folterten, zu Kriminellen gestempelt wurden, ist eine schreckliche Wahrheit, die zum Roman dazugehört.
Ein wirklich lesenswertes Buch, unbedingt auch als Lektüre in der Mittelstufe zu empfehlen. Ein Buch um Jugendliche, das aus einer anderen Zeit stammt, aber sehr viel Jugendgefühl übrigbehalten hat. Also auch ein künstlerisch interessantes Buch, nicht nur ein wichtiges im Sinne der Aufklärung über die eigene Geschichte.