Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Bedienung | |
Glück | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Spielregel | |
Strategie | |
Ein Areal, zwei Armeen. Durani und Gudanna, zwei Imperien, stehen sich kriegerisch gegenüber und schicken ihre starken Titanen, Golems genannt, in den Krieg, um die andere Seite zu vernichten.
So stehen sich die beiden Spieler gegenüber und versuchen ihre Golems, die interaktiv auf dem Brett gesteuert werden, so einzusetzen, dass die jeweilige Siegbedingung erfüllt wird. Das ist weder im Brett- noch im Tabletop-Bereich neu. Die Innovation an diesem Spiel ist die Verschmelzung von Brettspiel und digitaler Welt. Auf dem Brett wird taktiert, in der App gespielt. Wer die bessere Taktik und das Glück auf seiner Seite hat, kann seine Gegner besiegen.
Golem Arcana ist eines der Beispiele für eine erfolgreiche Kickstarter-Aktion. Knapp 2.200 Unterstützer haben über 500.000 Dollar beigesteuert, damit die Entwickler ihre Vision verwirklichen konnten: Ein Miniatur-Brettspiel, wie es vom klassischen Tabletop bekannt ist, kombiniert mit einem speziellen Stift, der Aktionen auf dem Spielfeld in die dazugehörige App - bisher erhältlich für Android und iOs - überträgt. Das Spiel läuft somit auf zwei Ebenen ab. Auf dem Tisch liegt das immer wieder an ein jeweiliges Szenario anpassbare Spielfeld. Jede Karte enthält dabei neun Quadranten. Hier stehen zur besseren Visualisierung auch die Miniaturen. Das eigentliche Spiel läuft jedoch mit Unterstützung der App ab. Mit dem Stift lassen sich alle Aktionen der Golems per Sensor ausführen. Es reicht aus mit der Lesespitze den Sockel einer Figur zu scannen, ein Feld auf dem Terrain zu berühren oder eine Aktion, zum Beispiel einen Angriff oder eine einfache Bewegung, auf den beigelegten Karten anzutippen. Das funktioniert erstaunlich gut. Die App benötigt dafür eine Bluetooth-Verbindung mit dem Stift, es lohnt sich vorab zu prüfen, ob ein verfügbares Gerät die Spezifikationen erfüllt.
Spielmaterial und Aufbewahrung sind verbesserungswürdigSchwach ist der Mix aus Spielmaterial und Verpackung. Das Starterset kommt mit sechs Miniaturen - je drei pro Seite -, sechs Spielfeldern (jeweils doppelseitig bedruckt), dem Stift, einigen Karten und einer Anleitung. Letztere bringt nicht viel, sie erklärt weitestgehend den Umgang mit dem Eingabestift. Das Grundprinzip des Spiels muss sich der Spieler durch die Einführung in der App ansehen, was ziemlich mühselig ist. Nicht nur, weil das ein Gemisch aus Deutsch und Englisch ist, sondern auch, weil der Überblick fehlt. Die Struktur zum Erlernen eines Spiels fehlt, somit auch die Möglichkeit schnell etwas nachzuschlagen, ohne erneut das Tutorial spielen zu müssen.
Die Figuren sehen zwar auf den ersten Blick nett aus, sind aber schlecht verarbeitet und weit vom Standard eines Miniaturgames entfernt. Auch die Lesefläche für den Stift hängt bei einigen Figuren unsauber am Sockel und hat sich bereits nach wenigen Partien gelöst.
Ebenso die Manaquellen und Charakterkarten: Beides ist aus dünner Pappe und könnten besser verarbeitet sein. Auf den Bildern zur Kickstarterkampagne waren das noch Plastikchips, ähnlich wie beim Pokerset. Das wäre für die finale Version eine deutlich bessere Variante gewesen.
Zur Verpackung: Die Golems sind in einem dicken Plastikeinsatz untergebracht. Beim ersten Auspacken saßen diese so fest, dass es nicht empfehlenswert ist, sie nach dem Spiel dort wieder hineinzulegen. Die Möglichkeit einer Beschädigung ist groß, da einige Teile filigran ausfallen. Dementsprechend schade ist es, dass die gesamte Spielebox so überdimensioniert ist und doch so unpraktisch ausfällt. Die Hälfte der Höhe hätte ausgereicht und es wäre noch Platz für einen Aufbewahrungsbeutel oder zumindest Fächer für die Charakterkarten gewesen. So werden alle Teile einfach in die Box geworfen - ziemlich schwach.
Nichts geht ohne Stift und AppDer Stift ist eigentlich ein Stylus ("Tabletop Digital Interface") und mit der App zusammen das Herzstück des Spiels. Ohne diese Kombination geht nicht viel. Das Spielbrett auf dem Tisch ist mitunter nur Beiwerk. Es zeigt beiden Spielern, wo ihre Figuren stehen, ob Hindernisse die Angriff behindern könnten oder wo Mana-Quellen vorhanden sind. Gespiel wird hingegen am Tablet. Denn nur dort lassen sich Aktionen ausführen und dazu zählen neben den Bewegungen und Angriffen auch die Spezialfertigkeiten der Ritter, die jeweils den Golem steuern, die Relikte und viele andere Dinge. Gerade bei der Ermittlung von Schaden, dem Zufall an sich oder den aktuellen Kosten für eine Aktion nimmt die App den Spielern die Arbeit ab. Abklingzeit, doppelte Kosten für Angriffe, offene Aktionspunkte für diese Runde, all dies muss sich niemand mehr merken, dafür gibt es das Tablet. Auch Regelfragen oder Unklarheiten auf die Anwendung einer Aktion treten nicht auf, da die App entscheidet, was zulässig ist und was nicht. Oder anders formuliert, an die Spielatmosphäre um ein echtes Tabletob-Gelände herum reicht Golem Arcana nicht heran.
Neue Features (und Behebung von Fehlern!) sind hier langfristig einfach zu integrieren. Solange die Macher am Werk bleiben, kann die App immer wieder auf den aktuellsten Stand gebracht werden und damit neue Ideen oder Aktionen ins Spiel gebracht werden. Zusätzlich lassen sich auch weitere (reale) Figuren kaufen, damit das Spiel auf bis zu acht Mitspieler erweitert wird oder der Spieler sich eigene Armeen zusammenstellt.
SpielspaßNach den beiden Tutorials - Kickstarter bekommen noch einmal zusätzliche Szenarien, die der normale Spieler nicht verwenden kann - muss viel ausprobiert werden. Gerade wenn die Spieler die Stärken und Schwächen der eigenen Golems erkannt haben, lohnt es sich die App zu durchforsten und andere Armeen zusammenzustellen. Doch auch hier winkt wieder extra Content, der dazu gekauft werden muss. Sei es virtuell bei den Rittern, die bestimmte Fähigkeit haben oder echtes Spielmaterial, wie beispielsweise Banner-Clips, die es ermöglichen mit mehreren gleichen Golems in einem Team zu spielen. Ein Blick auf die
Webseite zeigt, dass das Grundspiel klein ausfällt und noch einmal ordentlich Investitionen folgen müssen, wenn mit mehreren Spielern gespielt werden möchte.
Die ersten Partien sind anstrengend, danach machen sie Spaß und dann folgt eine Phase der Ernüchterung. Innovativ ist die Spielidee, sie funktioniert in weiten Teilen auch, aber wo bleibt die dauerhafte Herausforderung? Im Prinzip lässt sich fast alles am Tablet spielen, nur für die Bewegungen wird das Spielfeld überhaupt benötigt. Figur auswählen? Charakterkarte scannen. Angriff, Bewegung, Ritteraktion? Alles über die Charakterkarte. Selbst Angriffe lassen sich über diese starten, ohne eine (eigene oder gegnerische) Figur zu scannen. Währenddessen dudelt ein bisschen Musik aus dem Tablet, wer zu schnell klickt, der bekommt auch noch die Würfelaktion direkt vom Tablet abgenommen. Nach einigen Runden ist die Aufregung verpufft, Monotonie macht sich breit. Ohne weitere Figuren ist der Spielspaß beim Basisset schnell verflogen.
Kurzum: Golem Arcana ist eine nette Idee, mitunter aber schwach umgesetzt. Das Spielmaterial ist einfach gehalten, das Gameplay nach ein paar Runden erlernt, aber auf Dauer liegt der Fokus zu stark auf der App.