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 Die Völker klagen an

Der Nürnberger Prozess 1945-1946


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Vor 60 Jahren fand in Nürnberg ein Prozess statt, der Weltgeschichte schrieb: Erstmals standen die Verantwortlichen einer Diktatur vor einem internationalen Militärgericht und mussten sich für ihre Taten rechtfertigen.

Die Täter, das waren hochrangige NSDAP-Mitglieder, die in leitenden Funktionen zahlreiche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verantworten hatten. Auf der anderen Seite standen dagegen die vier Sieger des Zweiten Weltkrieges, die Besatzungsmächte USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich. Hauptankläger war der US-Amerikaner Robert H. Jackson, seines Zeichens Richter am Supreme Court. Dieser übernahm auch die Vorbereitung des Prozesses, welche zu Beginn des Bandes genauso thematisiert wird wie der Gerichtsort Nürnberg. Ständiger Sitz des Militärgerichtshofes war jedoch Berlin, wo am 18. Oktober 1945 auch die Anklageschrift verlesen wurde. Bereits am 20. November richtete die Weltöffentlichkeit ihre Augen jedoch wieder auf Nürnberg, da an diesem "bleigrauen" Herbsttag die Verhandlungen begannen. Neben einer recht detaillierten Darlegung der ersten Prozesstage geht der Autor Klaus Kastner insbesondere auf die "schwierige Aufgabe der Verteidiger", einzelne "Nebenschauplätze des Tribunals" wie die "Zeugenvilla" und die "persönliche Verantwortung der Angeklagten" ein. Im Zentrum des Bandes stehen jedoch sicherlich die Kreuzverhöre, in denen in angelsächsischer Tradition Zeugenaussagen mit den Ausführungen der Angeklagten abwechseln, bevor schließlich im Juli 1946 sowohl Verteidiger, Angeklagte und Ankläger das letzte Wort haben. Mit der Urteilsverkündung, einer anschließenden Reflexion sowie einem kurzen Ausblick endet letztlich der gut 160 Seiten umfassende Band.


Wir müssen an unsere Aufgabe mit so viel innerer Überlegenheit und geistiger Unbestechlichkeit herantreten, dass dieser Prozess einmal der Nachwelt als die Erfüllung menschlichen Sehnens nach Gerechtigkeit erscheinen möge. (Robert H. Jackson, US-Hauptankläger)


Dieser bereits in 2. Auflage erschienene Band bietet dem Leser eine schnell zu lesende Einführung zu den Nürnberger Prozessen. Neben dem eigentlichen Darstellungstext enthält dieser zahlreiche längere Auszüge aus Quellentexten. Zum einen handelt es sich dabei um Aussagen aus den Prozessprotokollen, zum anderen aber auch um Zeitungs- oder Augenzeugenberichte wie jener von Erich Kästner, der dem Prozess als Redakteur der "Neuen Zeitung" beiwohnte. Gerade Erstere zeigen, wie die Angeklagten ihre eigene Rolle bewusst herunterspielen oder zumindest die Alternativlosigkeit ihres Handelns unterstreichen wollen. Einzig Hermann Göring legt es auf einen verbalen Schlagabtausch an, der jedoch interessanterweise - ganz untypisch für den Band - nur nacherzählt wird.

Eine Stärke des Bandes sind sicherlich die Schwarz-Weiß-Fotografien, die nicht nur mit präzisen Bilderklärungen erläutert werden, sondern auch einen guten Eindruck von den örtlichen Gegebenheiten und den auftretenden Personen vermitteln. Gleichwohl sind nicht alle Abbildungen so bezeichnend wie jene, als Hermann Göring und seine Konsorten mit Sonnenbrillen dem Prozess auf der Anklagebank beiwohnen.


Die wahre Klägerin vor den Schranken dieses Gerichts ist die Zivilisation. (Robert H. Jackson, US-Hauptankläger)


Für eine schnelle Einführung ins Thema eignet sich der Band in jedem Fall. Wer dagegen tiefgründigere Informationen sucht, dem wird der beschreibende, zum Teil etwas dokumentierende Schreibstil nicht ausreichen. Denn insgesamt enthält der Band einfach zu viele, sehr ausgiebige Quellenzitate, die zu wenig Raum für Hintergrundinformationen lassen. Auch wirkt der Band dadurch etwas zerstückelt. Gleichzeitig werden diese Zitate kaum optisch verdeutlicht - lediglich eine leichte Einrückung -, sodass sich der Leser immer wieder konzentrieren muss, ob er sich nun im Darstellungsteil oder in einem Quellenzitat befindet, insbesondere wenn Letzteres auf der nächsten Seite weitergeführt wird.

FAZIT: Als schnelle, erste Einführung ins Thema sicherlich geeignet - mehr aber nicht!

Weitere Informationen sowie ein Blick ins Buch finden sich auf der Webseite des Verlags.

Matthias Jakob Schmid



Hardcover | Erschienen: 1. Juli 2015 | ISBN: 9783806231595 | Preis: 19,95 Euro | 170 Seiten | Sprache: Deutsch

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