Viele Menschen kennen Paul Gauguin lediglich als an Exotik interessierten Südseemaler. Dass er zum einen zahlreiche Plastiken und Keramiken schuf und zum anderen auch innerhalb Frankreichs wichtige Impulse und Prägungen erfuhr, wird häufig vergessen - ganz zu schweigen davon, dass seine im hier besprochenen Buch aufgenommenen schriftstellerischen Fähigkeiten und seine Musikbegabung weitere Facetten eines außergewöhnlichen Mannes darstellen.

Karin Sagners Buch befasst sich mit diesem ungewöhnlichen, schwer einzuordnenden und menschlich schwierigen Künstler. Dessen Biografie folgt auf das Vorwort des Herausgebers; sie umfasst sechs nach Lebensabschnitten gegliederte Kapitel. Ihr schließt sich eine übersichtliche Kurzbiografie an. Fußnoten, Lesetipps und Bildnachweise runden das Buch ab, das mit einem festen Einband, recht üppiger Bebilderung und einem praktischen Lesebändchen aufwarten kann.

Gauguin gehört sicher zu den eher schwer fassbaren Künstlerpersönlichkeiten. Nie um eine Konfrontation verlegen und von sich überzeugt, spaltete er sich frühzeitig von den Impressionisten ab und bevorzugte es, junge Maler um sich zu scharen, die ihn bewunderten und seinen Stil übernahmen. Trotz seines Status als Familienvater - Gauguin hatte mit seiner dänischen Frau fünf Kinder - gab er als Mittdreißiger seine bisweilen sehr einträgliche Arbeit als Börsenspekulant und dann Versicherungsagent auf, um nur noch künstlerisch tätig zu sein. An diesem Punkt setzte rasch der soziale Abstieg ein, denn seine Werke verkauften sich kaum. Zwar inspirierten ihn die Bretagne und Südfrankreich (wo er eine Weile mit van Gogh lebte), doch war es eine Reise nach Panama, die ihn für immer für die Tropen einnahm. Und in der Tat folgten zwei Tahiti-Aufenthalte; von der zweiten kehrte der schwerkranke Gauguin nicht zurück.

Karin Sagner versteht es - wie schon in ihrem Buch über Monet aus demselben Verlag -, kunsthistorisches Sachwissen kompakt, aber auch und gerade für den Laien gut verständlich zu präsentieren. Gauguins kühner Geist, seine phasenweise explodierende Kreativität, doch auch seine charakterlichen Schwächen werden dabei sorgfältig herausgearbeitet, und immer wieder kommt auch Gauguin selbst mittels Originalzitaten zu Wort, vor allem, um das ein oder andere seiner im Buch abgedruckten und besprochenen Werke zu kommentieren. Die Aussagen des Künstlers sind erwartungsgemäß sehr interessant und regen, gewissermaßen aus erster Hand kommend und auch dank Gauguins energischer und präziser Denkart, intensiv zum Nachdenken über die jeweiligen Bilder an. Doch dies tun auch die Ausführungen der Autorin. Ergänzend finden sich zudem Äußerungen anderer Kunstschaffender.

Es handelt sich bei den die ausführliche Biografie begleitenden Werken um repräsentative, gut ausgewählte Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen und andere Stücke. Einen Bildband darf man indes nicht erwarten, dazu wäre außerdem das doch eher kleine Format des Bandes nicht dienlich. Der Lebenslauf oder eher Lebensverlauf steht im Vordergrund, und ihn lernt der Leser sehr gut kennen - das künstlerische Umfeld Gauguins, doch auch Erkrankungen wie die Syphilis eingeschlossen.

Hervorzuheben ist zudem die tabellarisch geprägte Kurzbiografie am Ende des Bande: knapp und übersichtlich, doch nicht allzu sparsam gibt sie einen fundierten Überblick über die Künstlervita, die fast so exotisch wirkt wie die fernen Reiseziele Gauguins.

Gerade an den Bildern muss sich die Druckqualität messen lassen, und sie macht einen sehr guten Eindruck. Weniger erfreulich erscheint zumindest einer diesbezüglich anspruchsvollen Leserin die recht hohe Quote an Druck- und Kommafehlern. Das muss nicht sein, gerade in einer so apart aufgemachten Ausgabe. Davon abgesehen verzaubert dieses Buch regelrecht und entführt den Leser tief in die geheimnisvolle Welt von Gauguins Seele, stets unterstützt von schönen Abbildungen.