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Harvey Pekar und JT Waldman unterhalten sich über Israel. Sie recherchieren in Bibliotheken, treffen sich mit Freunden oder sind einfach unterwegs. Pekar erinnert sich daran, wie seine Eltern dem neu gegründeten Staat gegenüber eingestellt waren und vergleicht ihre Träume mit der Realität. Der Comic folgt ihnen einen Tag lang durch Cleveland, wo die beiden diskutieren, streiten und ihre jeweilige Sicht der Dinge darlegen und so die Geschichte des jungen Staates erzählen.
"Not the Israel my parents promised me", so heißt Harvey Pekars Comic, der erst nach dem Tod des 2010 verstorbenen Jazzkritikers und Archivars erschienen ist. Der Titel ist gut gewählt, denn Pekars persönliche Einstellung zu Israel spielt hier eine große Rolle. Wie es in Comics des Autoren typisch ist, geht es um sein Alltagsleben. Es gibt keinen dramatischen Handlungsbogen; stattdessen bekommt der Leser einen Einblick in Pekars Leben, wenn dieser aus seiner Kindheit und Jugend erzählt.
Pekar, dessen jüdische Eltern dem Staat Israel immer positiv gegenüberstanden, analysiert die politische Entwicklung des Staates, informiert über die Geschichte der Juden und bleibt dabei immer sowohl kritisch als auch sachlich, was die Fakten angeht. Bei den Schilderungen seine Kindheit betreffend, ist das nicht immer so, doch auch hier erinnert sich der Autor daran, wie sich seine Einstellung zu dem gelobten Land im Laufe der Zeit von kindlicher Begeisterung zu einer kritischen Distanz gewandelt hat. Bemerkenswert, wie er die unterschiedlichen Hintergründe seiner aus Polen ausgewanderten Eltern beleuchtet. Seine Mutter, eine überzeugte Kommunistin bildet einen unverkennbaren Gegensatz zu seinem tief religiösen Vater. Beide jedoch waren der Meinung, dass es für Juden in Israel ein besseres und gerechteres Leben geben wird. Ihr Sohn kann diese Einstellung nicht uneingeschränkt teilen, besonders wenn er die Konflikte zwischen Juden und Arabern betrachtet, in denen die Frage nach dem Schuldigen nicht klar beantwortet werden kann.
Zeichnerisch bleibt "Ein anderes Israel" zurückhaltend in Schwarz-Weiß gehalten. Die Bilder sind oft klein, die Figuren aus der Entfernung gezeichnet. Auch hier dominiert der Alltag, normal, unspektakulär und genauso glanzlos und durchschnittlich, wie das Leben normaler Menschen eben so verläuft.
Doch nicht nur die jüngere Geschichte ist Thema des Comics, auch die Entstehung der jüdischen Religion und des Volkes Israel werden geschildert. Hier weicht Zeichner JT Waldman von seinem Zeichenstil ab und verpasst den Bildern den Anschein von Mosaiken, auch wenn diese ebenfalls völlig ohne Farbe auskommen. Das letzte Kapitel, der Epilog, ist aus der Sicht von Harvey Pekars Ehefrau erzählt, die Abschied nehmen muss von ihrem Mann. Es ist anrührend, wie behutsam sie ihre Bemühungen schildert, ihrem Mann ein angemessenes Begräbnis in jüdischer Tradition zubereiten.
"Ein anderes Israel" ist ein würdiger und persönlicher Abschied des bekannten Comicautors, der hier noch einmal einen sehr gelungenen Einblick in sein Leben und seine Seele gibt.
Ein Blick ins Buch ist auf der Seite des Splitter-Verlags möglich.