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 Das gemalte Ich

Die Geschichte des Selbstporträts


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Nicht immer gehörte es zum guten Ton, geschweige denn zu den Selbstverständlichkeiten, sich selbst abzubilden – vor tausend oder achthundert Jahren hätten die Menschen in einer Zeitmaschine den "Selfie-Hype" vermutlich sehr verstört wahrgenommen und beschlossen, der Untergang der Welt sei nahe (nicht, dass es sich dabei um eine neue Erkenntnis handelte).

Im Zeitalter der Renaissance tendierten Künstler jedoch verstärkt dazu, sich auf ihren Werken darzustellen und zunehmend auch zum Hauptmotiv zu machen, nicht selten in Allegorien oder als weltliche und biblische Helden. Der Künstler erlebte eine völlig andere Akzeptanz als in den vorangegangenen Epochen.

Mit diesem Phänomen und seiner Eigendynamik durch die Epochen hindurch befasst sich James Hall in seinem Buch "Das gemalte Ich – Die Geschichte des Selbstporträts".

In folgende Abschnitte ist das Buch gegliedert:

  • Auftakt: Das Selbstporträt im Altertum
  • Ursprünge im Mittelalter
  • Verrückt nach Spiegeln
  • Der Künstler in der Gesellschaft
  • Der Renaissance-Künstler als Held
  • Pseudo-heroische Selbstporträts
  • Das Künstleratelier
  • Am Scheideweg
  • Heimkehr: Ins 19. Jahrhundert
  • Sex und Genie
  • Mehr als Gesichter: Moderne und zeitgenössische Selbstporträts

Im Anhang finden sich Anmerkungen, eine Auswahlbibliografie, die Danksagung, der Bildnachweis und der Index.

Wie schon die Kapitelübersicht zeigt, bietet das Thema "Selbstporträt" eine wahrlich spannende Entwicklung von einem meist sehr dezenten Beitrag in einer Auftragsarbeit über die Selbstbewusstsein ausströmenden Werke der Renaissance-Maler und –Bildhauer bis hin zu einer Art "Seelen-Striptease" in der Moderne und danach, wenn Künstler sich selbst schonungslos abbilden oder auch provozierend wie etwa Schieles Selbstporträt beim Masturbieren: Ecce homo.

Mit aktuellen Wegwerf-Selfies, die kurz in sozialen Medien auftauchen und ebenso schnell wieder vergessen sind, haben diese viele Generationen übergreifenden Porträts nicht viel zu tun und zeigen dennoch eine Gemeinsamkeit auf: die Sehnsucht, sich selbst in Szene zu setzen, wahrgenommen zu werden. Sensibel und doch natürlich mit aller gebotenen Sachlichkeit berichtet der Autor, begleitet von zahlreichen Bildbeispielen, von der Entstehung berühmter Selbstporträts wie jener einiger antiker Künstler, van Eicks, van der Weydens, Dürers, Giorgiones, Arcimboldos, Caravaggios, Velázquez', Courbets, Gauguins, Corinths, Munchs, Kahlos, Man Rays, Kollwitz', Magrittes, Warhols und Koons', um nur einige zu nennen. Jede und jeder von ihnen präsentiert sich auf eigene Weise und setzt auf eine entsprechende Rezeption. Was zu kurz kommt, sind die Fotokünstler, die ebenfalls einen - oftmals sehr interessanten! - Hang zum Selbstporträt entwickeln können.

Differenziert, dabei nie langweilig zeigt der Autor die Motivation, die Techniken, die Reaktionen des Publikums, die gern hinterfragten oder gleich ad absurdum geführten Erwartungen der Gesellschaft, die Einbettung in die allgemeine Kunstgeschichte und so manche fesselnde Künstlervita auf. So kommt es zu einer Wanderung durch ein besonderes Stück Kultur, durch Historie der etwas anderen, selten betrachteten Art. Ein reines und dabei sehr informatives, gut illustriertes Lesevergnügen für Kunstfreunde!

Einen Blick ins Buch bietet die Verlagsseite.

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 1. April 2016 | ISBN: 9783805349529 | Originaltitel: The Self-Portrait | Preis: 29,95 Euro | 288 Seiten | Sprache: Deutsch

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