Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Seit 1987 wird alljährlich auf der Criminale der Friedrich-Glauser-Preis für den besten Kriminalroman des Jahres in deutscher Sprache verliehen. Mit dem Deutschen Krimi Preis gibt es zudem seit 1985 eine weitere prestigeträchtige Auszeichnung. Dies zeigt, dass "Krimis" mittlerweile auch von Literaturkritikern als ernst zu nehmendes Genre wahrgenommen werden, was gerade für den deutschsprachigen Raum eine Weiterentwicklung darstellt. Denn lange Zeit galten diese als Literatur zweiter Klasse. Bisweilen behaupteten einschlägige Publikationen wie Ulrike Leonhardts "Mord ist ihr Beruf. Eine Geschichte des Kriminalromans" aus dem Jahre 1990 sogar, dass es keine Tradition detektivischen Schreibens in Deutschland gebe. Dass dies falsch ist, ist inzwischen belegt, da der Kriminalroman nachweislich mit Friedrich Glausers "Matto regiert" Bestandteil der deutschsprachigen Literatur wurde. Indes reichen die internationalen Vorbilder wie Arthur Conan Doyle oder Agatha Christie noch weiter zurück.
Das bloße Vorkommen eines Verbrechens [...] reicht offenbar nicht aus, um aus einem Roman einen "Kriminalroman" zu machen. Wäre das der Fall, dann gehörte fast die ganze epische Weltliteratur zu dieser Untergattung des Romans [...]
Mit der vorliegenden Einführung erhalten Studierende, aber auch anderweitig interessierte Leser eine verlässliche Einführung in das Genre "Kriminalroman". Da sich dieses jedoch nicht als monolithisches Gebilde erweist, beginnt der Band folgerichtig mit definitorischen Fragestellungen, die vor allem auf die Unterscheidung zwischen "Detektivromanen" und "Thrillern" abzielen. Weiterhin finden sich dort Überlegungen zur Typologie und Systematik des Kriminalromans. Während diese Ausführungen auch für Nichtstudierende interessante Aspekte beinhalten, richten sich die beiden Kapitel zwei und drei dezidiert an Akademiker, da Thomas Kniesche hier die Forschungsgeschichte nachzeichnet beziehungsweise verschiedene Analyseansätze vorstellt. Breiten Raum nimmt die darauf folgende "Geschichte der Gattung" (Kapitel vier) ein, die von den Vorformen im 18. Jahrhundert über den klassischen Detektivroman der Zwischenkriegszeit bis hin zu postmodernen Variationen reicht.
Zum Abschluss unterzieht der Autor acht Kriminalromane einer exemplarischen Analyse. Seine Auswahl deckt dabei sowohl Krimiklassiker wie Friedrich Glausers "Matto regiert" oder Friedrich Dürrenmatts "Der Richter und sein Henker" ab als auch jüngere Beispiele wie Henning Mankells Roman "Die fünfte Frau" oder Andrea Maria Schenkels "Tannöd". Die Analysen sind grundsätzlich gut nachvollziehbar, sodass auch gewöhnliche (nichtakademische) Krimileser, die sich für die Struktur hinter den Geschichten interessieren, einen Gewinn daraus ziehen können. Und auch Germanisten, die bisher dachten, dass so ein Krimi besser auf die Bestsellerliste gehört als in den Hörsaal oder Seminarraum, werden hier eines Besseren belehrt. Denn die vorgestellten Werke zeigen, welchen inhaltlichen und strukturellen Reichtum Kriminalromane beinhalten.
Wie bei der Reihe "Einführung Germanistik" üblich, welche von der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft (WBG) aufgelegt wird, finden sich am Rande des Verfassertextes Stichworte zu den einzelnen Sinnabschnitten, sodass sich diese Einführung sehr gut zum Selbststudium eignet. Hinzu kommt ein ausführliches, an wenigen Stellen auch kommentiertes Literaturverzeichnis, eine Zeitleiste sowie ein Sach- beziehungsweise Personenregister.
FAZIT: eine kompakte Einführung, die ein bisher oft vernachlässigtes Genre ins Bewusstsein der Studierenden rückt. Gleichzeitig können aber auch nichtakademisch geprägte Krimileser, die ihren Horizont erweitern wollen, einen Gewinn aus dem Band ziehen, da hier sowohl die Struktur des "Krimis" als auch seine gesamte Bandbreite treffend, aber gut nachvollziehbar beschrieben wird.
Weitere Informationen sowie einen Blick ins Buch finden sich auf der Webseite des Verlags.