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Nachdem der Klartext-Verlag zum hundertjährigen Gedenken an das Kriegsjahr 1916 bereits
"Die Deutschen an der Somme" neu aufgelegt hat, erscheint nun auch noch ein Band zur Schlacht von Verdun, welcher von dem deutsch-französischen Autorenduo Gerd Krumeich und Antoine Prost verfasst wurde. Dieser ist damit selbst ein eindrückliches Zeugnis dafür, dass die Gräben zwischen den beiden Nationen nach jahrhundertelanger Feindschaft zugeschüttet sind und sogar eine gemeinsame Erinnerung an den Ersten Weltkrieg möglich machen.
Es ist die erste Darstellung dieser rein deutsch-französischen Schlacht, die gemeinsam von einem Deutschen und einem Franzosen geschrieben worden ist - 100 Jahre hat es gedauert, bis das möglich bzw. für das Publikum interessant geworden ist.
Gegliedert ist der Band in drei Teile. Während im ersten Teil die Entwicklungen im Vorfeld, und während der Schlacht selbst thematisiert werden, stellt der zweite "das Kriegserlebnis", welches vom Leben und Kampf in den Schützengräben geprägt war, in den Mittelpunkt. Mit dem dritten Teil wendet sich der Band schließlich dem Mythos dieser Schlacht zu, der gerade im deutsch-französischen Vergleich einige Unterschiede aufweist, in jüngerer Vergangenheit jedoch auch zunehmend einer gemeinsamen Erinnerung weicht.
Zu Recht stellen die beiden Autoren am Beginn ihrer Einführung die Frage, warum angesichts der umfangreichen Sekundärliteratur zur Schlacht von Verdun noch ein weiteres Buch notwendig sei. Die Antwort folgt prompt und kann überzeugen. Zum einen führen sie ins Feld, dass sie sich mit dieser deutsch-französischen Co-Produktion
"von rein nationalen Ansätzen befreien" wollen. So ist es nur konsequent, dass der Band nicht einzelne Aufsätze der beiden Autoren enthält, sondern dass dieses in der Gänze gemeinsam verfasst wurde, was an vielen Stellen des Buches erkennbar wird. Denn immer wieder ergeben sich so aufschlussreiche Gegenüberstellungen, wenn beispielsweise die Ausrüstung der Fronsoldaten beider Länder oder deren Unterkünfte verglichen werden. Der Verfassertext entledigt sich dabei emotionalen Sentimentalitäten - die beiden Autoren sprechen selbst von einer "emotionalen Reinigung" - und nimmt stattdessen die Sache an sich in den Blick. Einzig die zahlreich zitierten zeitgenössischen Stimmen sprechen auch die Gefühlswelt der Leser an.
Was wir nicht wollten, war, nach so vielen anderen noch einen Bericht über eine Schlacht zu schreiben, die mit Helden und Opfern angefüllt ist.
Indes unterscheidet sich der Band aber zum anderen auch dadurch von weiteren Werken zum Thema, dass dieser keine minutiöse Darstellung der Schlacht liefert, sondern Antworten auf Fragen sucht, die sowohl die Motive ("Warum Verdun?") und den Verlauf der Schlacht ("Warum brach die Front ein?") zu erklären versuchen als auch die alltäglichen Begleitumstände der Schlacht selbst - zum Beispiel im Abschnitt "Hunger, Durst und Scheiße". Entgegen der ereignisgeschichtlichen Darlegung eines Olaf Jessen (
"Verdun 1916", C. H. Beck Verlag) ist der vorliegende Band daher auch vornehmlich sachthematisch gegliedert und orientiert sich an ganz praktischen Aspekten der Schlacht wie der "Arbeit im Schützengraben" beziehungsweise an den Lebensumständen rund um das Schlachtfeld - ob an vorderster Front oder etwas weiter hinter der Frontlinie. Auch die vermeintliche Kürze - ohne Anhang endet der Band bei rund 230 Seiten - erweist sich kaum als Nachteil, da Gerd Krumeich und Antoine Prost die Dinge ohne lange Hinführung beim Namen nennen und auf den Punkt bringen. Die Darstellung selbst geht zudem über eine rein beschreibende Darlegung hinaus und hebt die Bedeutung einzelner Aspekte hervor, wenn beispielsweise die Umstände des berüchtigten "Grabenfußes" hervorgehoben werden.
Ausgestattet ist der Band am Ende mit einer kurzen Zeittafel sowie mit einem Orts- und Personenregister, wohingegen ein Sachregister, das weitaus besser zur Gesamtkonzeption des Bandes gepasst hätte, fehlt. Ergänzt wird der vom Layout eher bescheiden gestaltete Band außerdem durch fünf Karten in Schwarz-Weiß, die sowohl das Schlachtfeld und das Straßen- und Schienennetz abbilden als auch die Kampfhandlungen lokalisieren. Nicht zuletzt befindet sich im Anhang schließlich der Brief eines gefallenen deutschen Studenten, der stellvertretend für alle Soldaten eindrücklich Zeugnis vom Soldatenalltag an der Front in Verdun ablegt.
FAZIT: eine verdienstvolle deutsch-französische Co-Produktion jenseits der Ereignisgeschichte, welche dem Leser viele Antworten rund um die Schlacht und deren Erinnerungsgeschichte nahebringt.
Weitere Informationen zum Buch finden sich auf der Webseite des Verlags.