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Die meisten Menschen werden Literaturlesen vor allem mit Lesegenuss in Verbindung bringen. Es ist das Eintauchen in fremde Welten, das Überraschende oder auch die Sprache, was die Leser an ihre Bücher fesselt. Meist ist es nur so ein Gefühl, ob einem ein Werk zusagt oder ob man das Buch nach zwanzig Seiten am liebsten wieder zurückgeben möchte. Die wenigsten Leser werden dabei die dahinter liegenden Mechanismen näher hinterfragen. Was zählt ist der persönliche Eindruck. Für gewöhnlich ist dieser auch ausreichend, doch wie die vorliegende "Einladung" von Terry Eagleton beweist, kann so ein wenig mehr an Wissen den Lesegenuss durchaus erhöhen. Doch was ist dieses Mehr an Wissen, welches Lesern das Lesen von Literatur noch lesenswerter machen kann?
Ein Teil dessen, was das literarische Werk ausmacht, besteht darin, dass man das, was gesagt wird, im Hinblick darauf, wie es gesagt wird, auffassen muss.
Mit feinem Gespür lädt der britische Literaturtheoretiker Terry Eagleton seine Leser dazu ein, Literatur bewusster zu lesen und als das zu sehen, was sie eigentlich ist: ein Kunstwerk. Denn viel zu häufig verdränge der Inhalt die Form und verstelle den Blick darauf, was Literaturwissenschaftler hochtrabend als "Literarizität" bezeichnen würden. Doch keine Angst, für gewöhnlich verzichtet Eagleton auf derartiges Fachgerede und versucht stattdessen seine Gedanken mit Hilfe von zahlreichen Textbeispielen locker plaudernd darzulegen. Dabei geht er sowohl auf die unterschiedliche Qualität von Eröffnungssätzen als auch auf die Figurenzeichnung oder verschiedene Erzählweisen ein. Da Literatur zudem unweigerlich mit Interpretation verbunden ist, welche zu Werturteilen führt, legt er einen weiteren Schwerpunkt hierauf. Erläutert wird dies vor allem anhand von klassischen Werken der englischen Literatur (zum Beispiel Jane Austens
"Pride and Prejudice" oder Charles Dickens
"Great Expectations"). Mitnichten beschränkt sich der Autor jedoch allein auf erzählende Textgattungen, sondern bezieht auch Gedichte oder Bühnenstücke, beispielsweise Samuel Becketts "Warten auf Godot", mit ein.
Für gewöhnlich ist es kein Problem, wenn ein Sachbuch aus dem Englischen übersetzt wird und auf den deutschen Markt gelangt. Doch hier liegt der Fall anders. Denn Eagleton bezieht sich bei seinen Ausführungen häufig auf die englischen Originaltexte. Auch wenn diesen Textauszügen häufig eine deutsche Übersetzung beigefügt ist, kommt der Leser nicht umhin, sich weniger mit der Übersetzung als mit dem englischen Original zu beschäftigen, weil es wie bereits erwähnt weniger um das "Was" als um das "Wie" geht - und da spielt es eben eine grundlegende Rolle, dass das englische Original eine andere Syntax oder lautliche Gestalt als die deutsche Übersetzung aufweist. Natürlich ist das, was Eagleton hier im Grundsatz anspricht, dennoch richtig. Ob das Buch allerdings für deutsche Leser eine Einladung ist, bleibt dahingestellt angesichts so mancher Feststellungen, die allein das englische Original im Blick haben.
Vielen Lesern wird jedoch zumindest der lockere Ton zusagen, mit dem Eagleton seine Leser an literarischen Finessen heranführen möchte. Indes fehlt dem Band - abgesehen von den einzelnen Kapiteln - die innere Struktur. So kommt Eagleton innerhalb der Kapitel vom einen zum anderen, ohne dass der Leser recht weiß, welcher inneren Systematik der Autor hier folgt. Zumindest ist dem Band ein Register beigegeben, anhand dessen Leser zumindest auf diese Weise gezielter an Informationen gelangt, die ihn interessieren.
FAZIT: Insgesamt krankt diese "Einladung" sowohl daran, dass sich der Autor allzu oft auf die englischen Originaltexte bezieht, dessen literarischer Gehalt nicht mit der deutschen Fassung vergleichbar ist, als auch an der recht unsystematischen Darstellung innerhalb der einzelnen Kapitel. Einzig aufgrund des lockeren Plaudertons dürfte das Buch zumindest manche Leser gewinnen.
Weitere Informationen, eine Leseprobe sowie ein Blick ins Inhaltsverzeichnis finden sich auf der Webseite des Verlags.