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Für gewöhnlich teilt sich die Deutschdidaktik in die beiden Teildisziplinen Sprach- und Literaturdidaktik. Aus theoretischer Sicht eine sinnvolle Kategorisierung, um die grundsätzlich unterschiedlichen Zielsetzungen innerhalb des Deutschunterrichts zu verdeutlichen. Vergessen wird dabei jedoch zu häufig, dass sich die beiden Subdisziplinen auch auf vielfältige Weise ergänzen. Ein Umstand, der sozusagen zur Geburt dieses Bandes beitrug. Denn die Idee zu diesem ist einer klassischen Einführungsvorlesung entsprungen, bei dem die beiden Autorinnen bald feststellen mussten, dass eine integrative Sichtweise weit mehr Potenzial birgt als ein additives Nebeneinander.
Ganz in diesem Sinne wenden sich die einzelnen Kapitel des Bandes jeweils zwei inhaltlich miteinander verknüpften Lerninhalten zu, die einerseits aus der Sprach- und andererseits aus der Literaturdidaktik entstammen, beispielsweise auf der einen Seite das "Erzählen" als mündliche sprachdidaktische Ausdrucksmöglichkeit und auf der anderen Seite die Fähigkeit "Erzählungen zu verstehen" als Form der literaturdidaktischen Begegnung mit Vorlesetexten. Die Auswahl der Inhalte ist dabei exemplarisch zu sehen. Allerdings sind die Kapitel so angelegt, dass diese die vier zentralen Kompetenzbereiche der nationalen Bildungsstandards "Sprechen und Zuhören", "Sprache und Sprachgebrauch untersuchen", "Schreiben" sowie "Lesen - mit Texten und Medien umgehen" abhandeln. Eingeleitet wird der Band zudem durch zwei jeweils unterschiedliche Unterrichtsanalysen zur v-Schreibung beziehungsweise zur Einführung einer Schullektüre, anhand derer die beiden Autorinnen den Unterschied zwischen "gegenstands- und lernerfernen" beziehungsweise "gegenstands- und lernernahen" Unterrichtsverläufen erläutern. Oder anders gesagt: Integrativer Deutschunterricht kann bei sinnloser Verknüpfung der beiden Gegenstandsbereiche auch ins Leere laufen. Abgerundet wird der Band schließlich durch ein umfangreiches Literatur- und ein knapperes Stichwortverzeichnis.
In einem integrativen Deutschunterricht geht es um die Aufhebung der Trennung von sprach- und literaturbezogenen Perspektiven (...) zugunsten einer nicht disziplinär gerichteten, erfahrungsnahen Zugangsweise der Schüler/innen zu Sprache und Literatur.
Wenn die beiden Autorinnen die Arbeit zu dem vorliegenden Buch als "spannenden Erkenntnisprozess" bezeichnen, so ist dem nur beizupflichten, denn selten wurde die Bedeutsamkeit eines integrativen Deutschunterrichts besser verdeutlicht als in diesem Buch. Dabei ist es kein Problem, dass der Band nur einen exemplarischen Einblick in die gegenseitige Verknüpfung einzelner Teilbereiche aus der Sprach- beziehungsweise Literaturdidaktik ermöglicht. Denn dadurch geht dieser weitaus mehr in die Tiefe als mit einem kursorischen Überblick. Sehr deutlich wird dieser Vorteil bei der beispielhaften Ausdifferenzierung der beiden textgebundenen Schreibformen "Nacherzählung" und "Inhaltsangabe", die neben schriftlichen sprachdidaktischen Produktionsfähigkeiten eben auch auf bedeutsamen Vorentscheidungen beruhen, die der Literaturdidaktik zuzuordnen sind. Bisweilen fördern die beiden Autorinnen sogar verblüffende Zusammenhänge zutage - so zum Beispiel zwischen dem strukturbasierten Lesen und der Groß- und Kleinschreibung.
Durchgehend werden die Ausführungen des Bandes mit Beispielen, zum Teil auch mit kurzen Transkriptionen verschiedener Unterrichtssituationen, veranschaulicht. So sind diese sehr gut nachvollziehbar. Zudem können selbst erfahrene Lehrkräfte neben der integrativen Perspektive auch viel Grundsätzliches über den Deutschunterricht lernen, wenn beispielsweise problematische Unterrichtsverläufe beschrieben werden, die eingefahrene Routineverfahren wie das Reihumlesen kritisieren. Überhaupt dürfte der Band insbesondere bereits an Schulen tätigen Lehrkräften neue Impulse bieten, die Lehramtsstudenten aufgrund der fehlenden praktischen Anschlussfähigkeit womöglich noch gar nicht erfassen können.
Da der Band das Thema auf sehr dichte Art und Weise abhandelt und dabei angesichts der Menge an gewinnbringenden Informationen schon einmal der Überblick verloren gehen kann, sind die am jeweiligen Kapitelende aufzufindenden Zusammenfassungen sehr hilfreich, da hier die grundsätzlichen Verknüpfungen noch einmal gebündelt beschrieben werden.
FAZIT: Ein äußerst ertragreicher Band, der exemplarisch durchdekliniert, wie Themen der Sprach- und Literaturdidaktik sinnvoll miteinander verknüpft werden können. Am Ende bleibt einzig der Wunsch, dass die Perspektive vielleicht einmal mit einem systematisch angelegten Handbuch aufgearbeitet wird und der hier beschrittene Weg zu Ende gegangen wird.
Weitere Informationen sowie ein Blick ins Buch finden sich auf der Webseite des Verlags.