Noch bis zum 26. März 2017 präsentiert die Bundeskunsthalle in Bonn die Ausstellung "Eine kurze Geschichte der Menschheit", die Exponate aus dem Israel Museum in Jerusalem zeigt und auf dem gleichnamigen Buch des israelischen Buchautors und Historikers Yuval Noah Harari basiert.
In der Ausstellung wie im hier besprochenen Buch beziehungsweise Katalog zur Ausstellung geht es um die letzten hunderttausend Jahre, in denen sich der Homo sapiens als Art manifestierte, andere Arten der Gattung verdrängte und etwas in der Geschichte des Planeten Neues entwickelte: Kultur. Im Mittelpunkt steht die Frage nach der Einzigartigkeit des Menschen - mit allen erstaunlichen Entwicklungen wie auch mit dem zerstörerischen Element, das der Evolution und kulturellen Geschichte des Homo sapiens seit ungefähr 60.000 Jahren innewohnt.
Auf dem Titelbild des Buchs zur Ausstellung "Eine kurze Geschichte der Menschheit" befindet sich ein moderner Jesus, eine Ecce-Homo-Darstellung mit einem modernen Europäer als Modell. Die Skulptur ist nur eines von etlichen zeitgenössischen Kunstwerken, die sich mit dem Wesen des Menschen, seiner Historie, seinen Möglichkeiten und dem faustischen Element in ihm befassen. Andere wiederum sind einzigartige Fossilien und prähistorische Artefakte aus Israel und Jordanien, wo ungefähr zwei Jahrzehntausende lang Neandertaler und moderne Menschen nebeneinander lebten. So bilden die Exponate eine interessante und lebhaft-bunte Mischung aus Zeugnissen menschlicher Existenz und Kultur der letzten hunderttausend Jahre. Obwohl sie ursprünglich wohl nichts miteinander zu tun gehabt haben, werden sie in der Ausstellung und im Buch geschickt in Beziehung zueinandergesetzt. Sie bieten sämtlich zeitlose Aussagen und machen Grundwerte und positive wie negative Potenziale des Menschen kenntlich und erfahrbar.
Als Kitt zwischen den Abbildungen der Ausstellungsstücke - oder roter Faden - dienen Auszüge aus dem Buch "Eine kurze Geschichte der Menschheit" des Historikers Yuval Noah Harari, das ohnehin als Grundlage der Ausstellung fungiert und übrigens sehr lesenswert ist. Sie bieten einen Abriss der Geschichte des Homo sapiens; gut ausgewählt, können sie ungefähr als "Timeline" dienen, an denen die einzelnen Exponate gewissermaßen aufgehängt sind - ob es sich um ein Foto einer intimen familiären Situation handelt, das die Ausführungen zur Stammes- und Familienstruktur des "Sapiens" ergänzt, um ein Neandertaler-Zungenbein, das als Zeugnis für die sehr wahrscheinliche Sprechfähigkeit des Neandertalers dient, um originale Keilschriften aus der Zeit des Hammurabi, Göttinnen-Plastiken der Altsteinzeit oder um Videoinstallationen – in Form exemplarischer Bilder -, die sich mit gewissen aktuellen kulturellen Auswüchsen oder Gemeinplätzen auseinandersetzen.
Wie beim Verlag üblich sind alle Abbildungen von bester Qualität, und auch das Layout stimmt und bringt die Exponate gut zur Geltung. So können auch Interessierte, denen der Besuch der Ausstellung nicht möglich ist, einen Eindruck davon erhalten. Vor allem aber erweist sich dieser Katalog als ein disziplinübergreifendes Sachbuch, das sich eindringlich mit Vergangenheit, Gegenwart und potenzieller beziehungsweise anzunehmender Zukunft des Menschen befasst. Es basiert auf den Gemeinsamkeiten, die wir alle haben - und unter dieser Prämisse ist es besonders schön, dass eine kostbare Ausstellung aus Israel im deutschen Bonn gezeigt wird.