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Geschichte in Film und Fernsehen hat inzwischen eine lange Tradition. Egal ob Dokumentationen bei den Öffentlich-Rechtlichen, Fernsehfilme im Privatfernsehen oder Kinofilme wie aktuell "Der junge Karl Marx" - ohne geschichtliche Themen ist unsere Film- und Fernsehlandschaft kaum mehr denkbar. Doch wie gehen Filmschaffende mit geschichtlichen Themen überhaupt um? Und wie lässt sich eigentlich Geschichte in das Medium Film fassen? So lauten grob gefasst die zentralen Fragen des vorliegenden Bandes, welcher in der Reihe "Public History - Geschichte in der Praxis" erschienen ist. Er nimmt damit eine Doppelperspektive ein und richtet sich so gleichermaßen an jene, die derartige filmische Umsetzungen geschichtlicher Themen analysieren möchten, wie auch an solche, die selbst eine filmische Darstellung anstreben.
Mit Film und Fernsehen öffnet sich Geschichtswissenschaftlern schon seit Längerem ein völlig neues Betätigungsfeld jenseits der universitären Geschichtsschreibung. Eine Chance, die gleichzeitig zum Problem werden kann. Denn im Studium spielt das audiovisuelle Erzählen geschichtlicher Themen bislang eine untergeordnete Rolle. Ganz zu schweigen, dass sich die Größen des Faches bislang allenfalls in beratender Funktion an das Medium herangetraut haben. So verwundert es auch nicht, dass sich zwei "Grenzgänger" für den vorliegenden Band verantwortlich zeigen. Während Thomas Fischer nach einer Honorarprofessur an der Universität Konstanz lange Zeit beim SWR tätig war, führte der Weg von Thomas Schuhbauer als Produzent zu einer Dozententätigkeit im Magisterstudiengang Journalismus an der Universität Hamburg.
Zu bieten haben die beiden eine systematische Erschließung des Feldes, die weitaus differenzierter ist als bisher vorzufindende Herangehensweisen. Deutlich wird dies zum Beispiel mit der Kategorie des "Erinnerungsfilms", welcher explizit darauf verweist, dass sich das Zugetragene im Gegensatz zu den Historienfilmen noch im Erfahrungshorizont der Zeitgenossen befindet. Aber auch die zahlreich eingeführten Fachbegriffe aus der Welt des filmischen Erzählens, die im Band erklärt werden, sind gerade für jene, die eben noch nicht mit dem Bereich der Filmwissenschaft in Berührung kamen, eine wichtige Grundlage, um die Besonderheiten der audiovisuellen Geschichtserzählung nachzuvollziehen. Nicht selten werden besonders zentrale Begriffe wie der "Bildteppich" oder das "Morphing" im Band auch optisch hervorgehoben. Ein kurzes Sachregister ermöglicht zudem eine zielgerichtete Suche.
Durchgehend veranschaulichen die beiden Autoren ihre theoretischen Ausführungen mit zahlreichen Filmbeispielen, sodass schnell ein konkretes Bild davon entsteht, was gemeint ist. Unterstützt wird dies mit vereinzelten Farbabbildungen - Filmplakate oder Screenshots. Hinzu kommen einzelne Infoboxen - so zum Beispiel eine Gegenüberstellung der Charakteristika der unterschiedlichen Filmtypen. Nicht zuletzt finden Interessierte am Ende eines jeden Abschnitts weiterführende Literaturangaben.
Gerade mit den zweiten Teil des Bandes wird deutlich, dass dieser Geschichtswissenschaftler an die praktische Filmarbeit heranführen kann, da hier der Weg von der Themenfindung bis zur Produktion beschrieben wird. Besonders interessant dürfte es dabei für diese sein, einmal einen Auszug aus einem Treatment, der Kurzfassung eines Drehbuchs, zu Gesicht zu bekommen. Jedoch wirkt der Band unvollständig, da sich der zweite Abschnitt vor allem auf Geschichtsdokumentationen beschränkt. Auch wenn dies mit der weitaus größeren Produktionszahl begründet wird, wäre diese Perspektive durchaus gewinnbringend gewesen. Denn Spielfilme sind ein wirkmächtiges Mittel, um Geschichte "unters Volk" zu bringen, welches auf einer komplexen Planung beruht, die nicht allein mit der Analyse der fertigen Produkt, sondern eben erst mit der Kenntnis der dahinterliegenden Produktionsprozessen durchschaut werden kann. Mit lediglich fünf Seiten kommt schließlich auch der Abschnitt "Berufsfelder" etwas kurz, sodass Leser hier kaum tiefergehende Einblicke gewinnen.
FAZIT: Eine systematische Erschließung des Themenfeldes, welches trotz des praktischen Schwerpunkts auf den Dokumentarfilm ideal ist, um die bisher vorzufindende Kluft zwischen Film und Geschichtswissenschaft zu überbrücken.
Weitere Informationen zum Buch sowie eine Leseprobe finden sich auf der Webseite des Verlags.