Seit Jahren hat Napoleon Bonaparte den europäischen Kontinent mit Kriegen überzogen, ein ums andere Mal mit strategischen Tricks die Oberhand gewonnen und doch nie einen endgültigen Sieg erringen können. Nun scheitert sein Russlandfeldzug und die französische Armee samt ihrer Drachen muss sich zurückziehen. Nichts wollen Kapitän Will Laurence und sein Drache Temeraire mehr, als dem französischen Herrscher den Weg abzuschneiden und endlich, endlich den Krieg beenden, doch es soll nicht sein. Schlimmer noch, es gelingt dem Gegner, Temeraires Ei zu stehlen und auf einmal wird der Sieg zur Nebensache. Das Ei muss gerettet werden. Um dies zu vollbringen, müssen sich Temeraire und sein Reiter in die Höhle des Löwen begeben und ihr Leben riskieren. Schlimmer noch, ihr Ziel wird nicht in einer ehrlichen Schlacht zu erreichen sein und einmal mehr werden sie zum Spielball der Politik. Ob beide aus dieser Mission unbeschadet hervorgehen, ist ungewiss, doch ihre Treue zueinander lässt ihnen keine Wahl, als alles zu riskieren.

Zehn Jahre ist es nun her, dass "Drachenbrut" erschien, der erste Band der Reihe "Die Feuerreiter Seiner Majestät", und Temeraire das Licht der Welt erblickte. Fortan faszinierten die Bücher ihre Leser mit zwei Dingen: äußerst ungewöhnliche Drachen und mitreißend geschilderte Schlachten. Autorin Naomi Novik hat ein Talent dafür, ihre Fantasywelt in echte geschichtliche Begebenheiten einzubauen und ihre Beschreibung der verschiedenen Strategien und Konfrontationen, sowie des Lebens beim Militär schaffen es, zu fesseln und die Hauptfigur Will Laurence glaubhaft erscheinen zu lassen. Moralisch absolut integer hadert er so manches Mal mit den Entscheidungen seiner Generäle und nimmt sogar Degradierung und Verbannung in Kauf, wenn er nach seinem besten Gewissen handelt. Auch in diesem Band wird aus ihm kein idealer Befehlsempfänger und er hat deutlich mit den Folgen seiner früheren Handlungen zu kämpfen. Dennoch zeigt er Rückgrat, und wie sehr er darunter leidet, als unehrenhaft angesehen zu werden, wird nur hin und wieder deutlich.

Laurence ist aber nur die eine Säule der Reihe, eine zweite hat Novik mit den Drachen geschaffen, allen voran dem Kaiserdrachen Temeraire. Dessen Mut steht außer Frage und sein Kampfgeschick ist unter den anderen Drachen legendär, doch seine größten Errungenschaften erzielt er, indem er für die Rechte seiner Art kämpft. Wer hätte vor seinem Schlüpfen gedacht, dass Drachen intelligent sind, ja sogar lesen und rechnen können? Sicher, in der Welt der Feuerreiter war immer schon klar, dass Drachen loyal bis zum Tod sind und für ihre Kapitäne durchs Feuer gehen würden, doch wohl nie zuvor hat ein Drache solche Abenteuer erlebt und einen derartigen Mut bewiesen. Und immer wieder schafft Temeraire es, Verbündete und Feinde gleichermaßen zu verblüffen und damit die alten Strukturen der britischen Gesellschaft aufzubrechen.

Verblüfft ist oft auch der Leser, denn Temeraires Ansichten sind oft klug und moralisch unanfechtbar, doch menschlich sind sie nie. Zwar weiß er seinen Kapitän einzuschätzen und will ihn nicht kränken oder verärgern, doch die Sicht eines Drachen auf Dinge wie Ehre und Kamp sind grundverschieden von dem, was sich Menschen manches Mal darunter vorstellen. So geben seine Entscheidungen der Handlung die eine oder andere unerwartete Wendung, was die Geschichte frisch hält und ihr einen feinen Humor verleiht, auch nach mittlerweile neun Bänden.

Es ist "Drachensieg" jedoch anzumerken, dass es sich um den letzten Band der Reihe handelt, denn die Autorin führt die verschiedenen Handlungsstränge zu Ende, nimmt Abschied von alten Weggefährten und legt besonders zum Schluss eine leicht melancholische Stimmung über die Geschichte. Dies gelingt ihr besonders gut und sorgt dafür, dass der Leser das Buch zufrieden aus der Hand legt, wenn die letzte Seite gelesen ist. Zwar ist es schade, nun Abschied von Laurence und Temeraire nehmen zu müssen, doch ihre Geschichte ist erzählt. Es bleibt nichts mehr, als den Drachen alles Gute zu wünschen, die dem Leser ans Herz gewachsen sind und die er so schnell sicher nicht vergessen wird.


Ein Blick ins Buch ist auf der Verlagsseite möglich.