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Nur wer sich damit nicht befasst hat, empfindet das Mittelalter als "dunkel". Bei detaillierterer Betrachtung erschließt es sich als eine Epoche, die einerseits von recht klaren sozialen, politischen und religiösen Strukturen geprägt war und sich andererseits doch im Wandel befand. Dieser wurde unter anderem durch eine sich rasch entwickelnde Infrastruktur vorangetrieben.
In der von Gert Melville und Martial Staub herausgegebenen zweibändigen Enzyklopädie des Mittelalters der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft werden alle wesentlichen Aspekte beleuchtet, die dieses Zeitalter charakterisieren. So finden sich in Band I Ausführungen zur Gesellschaft sowie zu Glaube und Wissen, in Band II zu Literatur, zu bildender Kunst und Musik, Wirtschaft, Technik, Lebensräumen und Bedingungen sowie Geschehenskomplexen und Regionen – so die Titel der einzelnen Bereiche. Bibliografie, alphabetisches Verzeichnis der Beiträge und alphabetisches Autorenverzeichnis bilden den Abschluss.
Von Anfang an besticht dieses Buch durch seine klare, durchdachte Gliederung, die es zu einem idealen Nachschlagewerk macht. Das in optisch gut erkennbare hierarchische Ebenen unterteilte Inhaltsverzeichnis ermöglicht eine rasche und effiziente Suche. Zu Beginn von Band I gibt es ein Verzeichnis für beide Bände, Band II ist zusätzlich ein "eigenes" vorangestellt. Auch die Indizes am Ende erweisen sich als hilfreich. Gewünschte Inhalte werden auf diese Weise ohne viel Blättern gefunden, insbesondere, sobald sich der Leser mit dem Konzept vertraut gemacht hat; die Einführung enthält zudem Hinweise zum Umgang mit Enzyklopädien. Die Einteilung jeder Seite in zwei Spalten sorgt für Übersichtlichkeit und gute Lesbarkeit.
Wie von einer Enzyklopädie zu erwarten, erweist sich die hier besprochene als in der Breite wie in der Tiefe gründlich. Themen werden aus allen relevanten Blickwinkeln beleuchtet, so etwa Tugenden und Laster im Kapitel über die gesellschaftlichen Normen aus Sicht der Kirche, in Bezug auf den Adel sowie die Bürger. Noch wesentlich komplexer gestaltet sich zum Beispiel das Kapitel zum Recht. In anderen Abschnitten von naturgemäß geringerem Umfang werden etwa Sujets wie Kleidung, Ernährung oder auch der Tod aufgegriffen.
Alle Punkte werden gut verständlich und ausreichend gründlich ausgeführt. Allein vom fachlichen Anspruch her können neben Studierenden auch Oberstufenschüler oder interessierte Laien mit der Enzyklopädie arbeiten. Die Inhalte dürften den aktuellen Forschungsstand widerspiegeln; übrigens gehen die Autoren auch auf offene Fragen oder widersprüchliche Forschungsmeinungen in Bezug auf den einen oder anderen Aspekt ein. Für Interessierte bietet es sich durchaus an, das Buch von vorne bis hinten zu lassen - Redundanzen gibt es wenige, dank dem Stil ist flüssiges Lesen gut möglich, und auf den Leser warten viele faszinierende Fakten und Zusammenhänge in Bezug auf das Mittelalter.
Illustrationen fehlen. Hier und da wäre vielleicht - je nach Zielgruppe - eine Kartenskizze ganz hilfreich gewesen. Insgesamt aber bietet die Enzyklopädie ein breites, gehaltvoll aufbereitetes Spektrum an einzelnen Themen und komfortable Handhabung. Trotz der sorgfältigen Gliederung geht die Sicht auf größere Zusammenhänge nicht verloren.
Ein Blick ins Buch ist auf der Verlagsseite möglich.