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Niemand muss mehr sterben in Citras und Rowans Welt. Wer krank oder alt wird, kann sich zurücksetzen lassen und das Leben als wieder junger Mensch genießen. Nun, eine Einschränkung gibt es doch. Da niemand mehr von alleine stirbt und dennoch Kinder geboren werden, muss das Gleichgewicht anders hergestellt werden. Dazu gibt es die Scythes, Menschen, deren Aufgabe es ist, andere zu töten, willkürlich und ohne Zögern. Dies ist allgemein bekannt, ja, jeder Scythe hat sogar eine Quote zu erfüllen und ab und zu sucht er einen Lehrling, der später die gleiche Aufgabe übernehmen kann. Genau dies passiert auch Citra und Rowan, zwei Teenagern, die sich vorher nicht kannten, nun aber von Scythe Faraday als Lehrlinge ausgewählt wurden. Auch, wenn sie die Ausbildung grauenvoll finden, lassen sie sich darauf ein, um ihre Familien zu schützen. Doch dann erfahren sie, dass am Ende ihrer Ausbildung nur einer als Scythe angenommen wird. Der andere wird dann dessen erstes Opfer sein.
Woah, die Geschichte ist nicht von schlechten Eltern. In einer Gesellschaft, die unsterblich ist, wie lebt dann der Einzelne? Und wenn doch der Tod vor der Tür steht, wortwörtlich, welchen Schrecken erleben die zum Tode verurteilten?
Davon kann sich der Leser gleich auf den ersten Seiten ein Bild machen, als es an der Wohnungstür von Citras Familie klingelt. Ein Scythe tritt ein, ganz selbstverständlich und setzt sich an den Essenstisch. Ihm darf niemand etwas verweigern, weder Nahrung noch Ruheplatz und so ergibt sich die surreale Situation, dass die komplette Familie schreckensstarr mit einem Fremden zusammensitzt und versucht, zu erfahren, wer an diesem Tag sterben wird. Kein Wunder, dass Citra diese Begegnung am liebsten vergessen würde, doch hat sie umgekehrt einen großen Eindruck auf den Besucher gemacht.
Ähnlich geht es Rowan, der zudem nach seinem Erlebnis quasi zum Ausgestoßenen wird, solche Angst haben seine Mitmenschen vor dem Tod. Nicht ohne Grund, übrigens, denn auch wenn die Gesetze der Scythe Bescheidenheit und Unbestechlichkeit vorschreiben, so gibt es doch jene unter ihnen, die nicht nur einen Hang zum Luxus haben, sondern auch Freude an der Arbeit. Wie das aussieht, beschreibt Autor Neal Shusterman trocken, aber deutlich. Zartbesaitet sollte da niemand sein.
Überhaupt ist der Grundton des Romans sachlich distanziert, was sich in der Beschreibung der Gesellschaft hervorragend macht. Zu erleben, wie Menschen vor den Scythe flüchten, betteln oder kämpfen. Shusterman überzeugt mit seiner Idee und der von ihm entworfenen Gesellschaft. Ganz anders sieht die Sache bei der Beziehung zwischen Rowan und Citra aus. Beide mögen sich zu Beginn nicht besonders und es gibt keinen triftigen Grund, warum sich das ändert. Beide sind durchaus nette und mutige Menschen, erfährt der Leser gleich zu Beginn. Aber reicht das? Ihr Umgang miteinander bleibt durchweg spröde und so braucht niemand eine große Liebesgeschichte zu erwarten, zumal ihre Freundschaft schlicht darauf beruht, dass sie keinen anderen Umgang mehr pflegen können. Schließlich mag niemand mit einem Massenmörder befreundet sein.
Nein, als All Age Liebesgeschichte taucht Scythe nicht; dafür weiß sie bei der Handlung zu glänzen. Wer mit dem sehr sachlichen Stil des Autors zurechtkommt, wird das Buch nur ungern aus der Hand legen. Es gehört zu jenen Geschichten, bei denen das Ende einfach zu früh kommt.
Eine Leseprobe findet sich auf der Verlagsseite .