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Carcasonna, 1209:
Die siebzehnjährige Alaïs lebt in einer Zeit, in der sich deutliche Unruhen abzuzeichnen beginnen und ihr bisher friedliches Leben zu zerstören drohen. Es ist die Zeit eines Kreuzzuges, der sich im Norden des Landes auf Geheiß Papst InnozenzÂ’ des III. zu formieren beginnt und der das Ziel hat, die Katharer, eine christliche Sekte, aus dem Languedoc zu vertreiben. Als ihr Vater, Bertrand Pelletier, der eine hohe Stellung am Hof genießt, aufbrechen und versuchen muss, den bevorstehenden blutigen Krieg zu verhindern, vertraut er seiner Tochter ein altes Geheimnis an und ernennt Alaïs zu seiner Nachfolgerin. Von nun an muss das Mädchen über das Geheimnis der Unsterblichkeit und den sagenumwobenen Heiligen Gral wachen - doch ihre Feinde versuchen alles, um an das verlockende Wissen zu gelangen ...
Carcasonne, 2005:
Bei Ausgrabungen in Südfrankreich stößt die junge Hobby-Archäologin Alice Tanner in einer versteckten Höhle auf zwei Skelette. Da es ihr letzter Ausgrabungstag ist, beginnt Alice unerlaubterweise damit, ihre Funde eingehender zu betrachten und stößt dabei unter anderem auf einen Ring, auf dessen Innenseite ein Labyrinth eingraviert ist. Während sich Alice wegen ihrer eigenmächtigen Entdeckungstour nicht nur Ärger einhandelt, sondern Stück für Stück auch der Lösung eines uralten Rätsels näher kommt, wird sie immer häufiger von Visionen heimgesucht, die ihr Einblick in das Leben einer gewissen Französin namens Alaïs geben - doch auch jetzt noch, 800 Jahre nach den Ereignissen im mittelalterlichen Carcasonna, wissen undurchsichtige Gestalten um den Heiligen Gral und greifen bei ihrer Suche nach der Unsterblichkeit zu allen Mitteln ...
Eine Mischung aus Mystery-Thriller und historischem Roman legt die britische Autorin Kate Mosse mit ihrem Buch "Das verlorene Labyrinth" vor, das die Schauspielerin und Sprecherin Julia Fischer ihrem Hörer in einer ungekürzten Hörbuchfassung vorträgt. Diese spricht die verschiedenen Charaktere dabei zwar mit viel Gefühl und sehr behutsam, verzichtet jedoch darauf, den Figuren deutlich unterschiedliche Stimmfärbungen zu verleihen. Statt dessen ist es die erklärte Absicht der Sprecherin, dem Hörer die handelnden Personen lediglich durch feine Stimmmodulationen näher zu bringen, doch leider hört man auch diese nicht sonderlich heraus. Denn obwohl man als Hörer zwar merkt, dass die Sprecherin abwechselnd mit kräftiger oder zaghafter, leiser oder lauter, schneller oder langsamer Stimme spricht, sind diese Nuancen doch so unscheinbar, dass sie bei Weitem nicht ausreichen, um den Figuren individuelle Charakterbilder zuschreiben zu können. Dadurch und aufgrund der Länge des Hörbuchs erscheint die durchaus flüssige und angenehme Lesung Julia Fischers leider sehr einseitig und damit auch eintönig, sodass sich die umfangreichen dreiundzwanzig Hörbuchstunden scheinbar ewig hinziehen.
Diese Umstände sind allerdings nicht die alleinige Schuld der Sprecherin: Auch die Romanvorlage hat deutliche Schwächen vorzuweisen. Der wohl offensichtlichste Kritikpunkt von "Das verlorene Labyrinth" ist die Grundthematik an sich - der Mythos um den Heiligen Gral ist nicht nur ein häufig auftauchendes, sondern dadurch auch bereits weitläufig erschöpftes Thema der Literatur, wodurch die Geschichte trotz einiger interessanter Einfälle nicht sonderlich viel Neues präsentieren kann. Ein weiterer Ansatzpunkt für Kritik liefert der Erzählstil der Autorin, der abwechselnd die Erlebnisse der beiden Protagonistinnen Alaïs und Alice beschreibt. Dabei wechselt Kate Mosse die Handlungsstränge zwar auf sehr geschickte Weise an jenen Stellen, die sich prinzipiell am besten dazu eignen, doch anschließend muss sich der Leser - oder, wie im vorliegenden Fall, Hörer - zu lange, zu ausführlich mit dem anderen Handlungsstrang beschäftigen, bevor er erfährt, wie sich die Erzählung nach dem zuvor angebrachten Cliffhanger weiterentwickelt. Dadurch gestaltet sich die Lesung lange Zeit über sehr seicht, während sich fesselnde Spannung erst gegen Ende des Hörbuches breitzumachen beginnt.
Zur Gestaltung der 20-CD-Box kann eigentlich nur wenig gesagt werden - außer, dass sie überaus zu gefallen weiß. Von einer gelungenen Covergestaltung über einen stabilen Schuber, schöne CD-Aufdrucke und ein dünnes, dennoch ansprechend gestaltetes Booklet bis hin zu braunen Papierhüllen mit Plastikfensterchen, in welche jede CD einzeln verpackt ist, kann die Aufmachung überzeugen.
Ähnlich überzeugend gestaltet sich das Hörbuch auch von technischer Seite. Lediglich ein Punkt bleibt hier zu bemängeln: Die einzelnen Tracks - meist nur vier oder fünf auf 80 Minuten - gestalten sich viel zu lang, sodass es äußerst schwer fällt, den Einstieg wiederzufinden, sollte man einmal den Faden verloren haben. Und dass das passiert, ist gerade bei einem derart umfangreichen Hörbuch nicht sehr unwahrscheinlich.
Produziert wurde das ungekürzte Hörbuch zu "Das verlorene Labyrinth" in einer Gemeinschaftsproduktion zwischen dem Argon Verlag und der Audible GmbH, welche seit einiger Zeit zahlreiche Hörbücher zum Download über das Internet zur Verfügung stellt - legal und kostenpflichtig, aber billiger als im Handel, da lediglich das Tonmaterial verkauft wird und Verpackungen und CD-Hüllen wegfallen. Erst begeistert, dann sehr verärgert und anschließend doch erfreut war ich über folgenden Satz, der sich im Booklet des Hörbuchschubers findet:
"Bonusmaterial zu Kate Mosse, Das verlorene Labyrinth
, finden Sie kostenlos unter www.audible.de." Begeistert war ich, weil derartige Specials immer ein erfreulicher Zusatz sind, verärgert, weil sich herausstellte, dass dies lediglich eine Verkaufs- und Werbestrategie von Audible.de ist - denn zunächst muss man sich (wer hätte es gedacht!) bei diesem Portal anmelden, um die Boni anschließend für 0,00€ "kaufen" und herunterladen zu können -, und erfreut, weil sich das zur Verfügung gestellte Interview mit Kate Mosse sowie das "Making of: Vom Buch zum Hörbuch" die Mühe dann wenigstens gelohnt haben und sich sehr interessant gestalten. Um einem interessierten Hörer die Möglichkeit zu geben, zu entscheiden, ob das Bonusmaterial - das man auch herunterladen kann, ohne das eigentliche Hörbuch zu besitzen - für ihn lohnenswert wäre, seien die beiden Specials im Folgenden kurz umrissen (obwohl diese - das sei hiermit betont - für die Bewertung des Hörbuchs nicht relevant sind).
Das Telefon-Interview mit Kate Mosse ist ausschließlich in englischer Sprache, doch klingt die Autorin nicht nur äußerst sympathisch, sondern hat auch eine sehr saubere Aussprache, sodass es auch für diejenigen, die des Englischen nicht ganz so sehr mächtig sind, kein Problem darstellt, den Fragen und Antworten zu folgen. Diese beschäftigen sich sowohl mit Carcasonne, dem Schauplatz des Buches, sowie der Frage, was an diesem Ort für Kate Mosse so faszinierend ist, als auch mit der Entstehung des Romans, der Arbeit am Buch, dem überraschenden Erfolg und dem nächsten Projekt der Autorin. Besonders schön gestaltet sich auch Kate Mosses Beschreibung ihrer begeisterten Reaktion auf das erste gedruckte Exemplar der deutschen Ausgabe, die sie noch vor der englischen in Händen hielt.
Das zweite Special mit dem Titel "Making of: Vom Buch zum Hörbuch" widmet sich zunächst der Frage, welche Vorzüge das Hörbuch an sich bietet und fixiert sich anschließend speziell auf die Produktion von "Das verlorene Labyrinth". Dabei verbindet es informative Passagen des Sprechers mit Interviews mit dem Regisseur und der Sprecherin des vorliegenden Hörbuchs, wodurch dem Hörer ein interessanter Einblick in den Verlauf einer Hörbuchproduktion gegeben wird.
Fazit:
Sowohl die Leistung der Sprecherin Julia Fischer als auch die Romanvorlage von Kate Mosse lassen das Potenzial erkennen, das in beiden steckt. Leider jedoch stellt sich die Kombination dieser beiden Elemente als nicht sehr überzeugend heraus, da die Lesung eintönig und dadurch langatmig wirkt. Die Aufmachung hingegen weiß sehr zu gefallen.