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Zum Wirtschaftswunder gehörte definitiv das Auto. Es konnte ruhig ein Käfer sein, wenn der Geldbeutel nicht ganz so prall gefüllt war, ein großer Opel oder gar ein Benz machte natürlich mehr her.
Und die Söhne der anpackenden Väter des Wirtschaftswunders schwärmten für Modelle der angesagten Wagen. Im hier besprochenen Buch geht es um all die Spielzeugautos, die Kinder- und Jugendzimmer der 60er und 70er bevölkerten: Feuerwehrfahrzeuge, Krankenwagen, Kräne, Unimogs und eine Fülle an anderen Vehikeln inklusive. Es gehörten Tankstellen und Garagen dazu, Bauernhöfe, Industriegebiete und der ganz normale Wahnsinn der Stadt. Manches musste vom Besitzer oder dessen Vater selbst aufgebaut werden, anderes gab es bereits fix und fertig zu kaufen.
Vom billigen Kunststoffauto bis hin zum detailverliebten Zinkgussmodell eines Nobelwagens sind alle Spielzeuge vertreten, die Jungs und das eine oder andere Mädchen glücklich machten. Den Abschluss bildet Playmobil: nicht so auf die Feinheiten setzend, dafür herrlich funktional.
"Generation Kettcar" überschreibt der Herausgeber Ulrich Biene sein Vorwort. Er lässt die lebhaften 60er und 70er Revue passieren und geht nicht zuletzt auf die verschiedenen Quartett-Spiele ein, mittels derer sich die Jungs (und kühne Mädchen) jener Zeit ganz unwillkürlich Wissen aneigneten wie später eine andere Generation über fiktive Pokémons.
Im Buch werden die unterschiedlichsten Typen von Modellautos präsentiert, verschiedene Marken mit unterschiedlichen Schwerpunkten und je nach Preis hoher oder geringerer Detailtreue. Neben den allseits beliebten Matchboxautos und Co. haben auch spannende Feuerwehrautos, nahe am Original, coole Roadster, Nutzfahrzeuge aller Art, darunter der universelle Unimog, Kipplaster, diverse Speditionsfahrzeuge, Krankenwagen, Müllabfuhr und landwirtschaftliche Vehikel und allerlei andere ihren Einsatz. Ganze Systeme und dann auch "Welten" wie Lego oder Playmobil finden ebenso Erwähnung wie schöne "Eintagsfliegen". Seltene Sammlerstücke und die billigen Modelle für jede Hosentasche stehen konkurrenzfrei nebeneinander. Und natürlich dürfen auch Daktari, Kojak, Big Jim und Co. ran.
Schöne Einzelexemplare aus Sammlungen bilden das fotografische Gerüst des Buchs, weniger die üblichen stark bespielten Stücke. Professionell fotografiert, faszinieren sie noch heute und lassen ahnen, wie glücklich sie einst die Kinder machten. Werbeplakate und hier und da private Fotos vom spielenden Wirtschaftswundernachwuchs ergänzen das Portfolio. Besonders begeistert die Mischung aus hochwertigen Raritäten und der Massenware, an die sich die meisten Kinder jener Zeit noch erinnern.
Doch Delius Klasing legt nicht nur einen schicken Bildband vor. Begleitet werden die Fotos von so informativen wie anrührenden Texten, die dem Leser die Zeit vor über einem halben Jahrhundert bis teilweise in die 80er hinein sehr nahe bringen., insbesondere, wenn dieser jene Epoche selbst erlebt hat und Freude an den Autos hatte – im Fall der Rezensentin, noch recht fern von "Gender"-Ideen, eine "geliehene" Freude an den Spielzeugen von Freunden und Cousins. Das Buch sorgt für sehr charmante Déjà-vus, da kommt sogar das Prickeln von Ahoj-Brause wieder hoch. Und Nachgeborene mögen ein wenig Gefühl für jene Jahrzehnte entwickeln, in denen der direkte Kontakt soziale Medien überflüssig machte und die Auslage des Spielzeugladens kleine Kinder mit Sehnsucht erfüllte.
Ein ganz besonderes Buch, zum Liebhaben geschaffen, voller Emotionen und doch immer sachlich und informativ.
Weitere Informationen werden auf der Verlagsseite angeboten.