Im Jahr 1970 feiert Henny Unger ihren 70. Geburtstag. Sie ist eine der vier Freundinnen, die als Protagonistinnen der "Jahrhundert-Trilogie" auftreten - inzwischen längst nicht mehr ausschließlich. Denn drei von ihnen haben Familien gegründet und sind mittlerweile Großmütter, die gelegentlich über die Welt der jungen Leute staunen. Henny, Käthe, Lina und Ida halten weiterhin fest zusammen.

Ihre Nachkommen sind von der Zeit geprägt, in der sie aufwachsen. Da gibt es den Berufswunsch Fotoreporterin, Fotomodell Florentine verweigert sich selbst dann der Ehe, als sie Kinder bekommt. Käthes Adoptivtochter Ruth schließt sich der RAF an. Und Hennys Enkelin Katja verliebt sich in einen Ost-Berliner Schauspieler, der aber nicht ausreisen kann. Und Katja möchte nicht in der DDR leben. Der Traum von einem vereinigten Deutschland wirkt im Übergang von den 70ern zu den 80ern vollkommen absurd.

In den ersten beiden Teilen der Trilogie wurden dramatische Abschnitte der deutschen Geschichte aus der Sicht der vier Freundinnen Henny, Lina, Ida und Käthe erzählt, beginnend mit dem Ende des Ersten Weltkriegs. Mittlerweile hat die Erzählung das Jahr 1970 erreicht, und in "Zeitenwende" setzt sich die Familiengeschichte bis zum Ende des Jahrhunderts fort.

Während die Freundinnen in Würde altern, verfolgen sie voller Interesse und Empathie den Werdegang ihrer Kinder und Enkel (und des Nachwuchses ihrer Freundinnen) inmitten der politischen und kulturellen Ereignisse. Und es wird fast ein bisschen viel. RAF, AIDS, Konflikte im Nahen Osten, das geteilte und dann wieder vereinigte Deutschland und so weiter – kein wesentliches Thema des letzten Jahrhundertdrittels, das nicht wenigstens eine der vier Familien beträfe. Das wirkt letztlich doch ziemlich künstlich, ähnlich wie in der "Lindenstraße".
Und es läuft alles so glatt, eine Flucht aus Ost-Berlin, die Wiedereingliederung einer ehemaligen RAF-Komplizin in die Gesellschaft, Liebe hält trotz aller Schwierigkeiten und Hindernisse ewig; selbst die Tode der Protagonistinnen gegen Ende dieses letzten Teils der Trilogie haben etwas rührend Unkompliziertes. Das verflacht die eigentlich sehr dramatischen Ereignisse jener Jahrzehnte ein Stück weit.

Zudem ist der Personenkreis kräftig angewachsen. Es gibt rasche Szenen- und Perspektivwechsel, die es dem Hörbuch-Hörer manchmal schwer machen, die einzelnen Figuren einzuordnen, deren es, wie gesagt, viele gibt. Irgendwann erschließt sich der Zusammenhang dann doch wieder. Aber so richtig plastisch erscheinen die Charaktere nicht mehr – in dieser Hinsicht waren die beiden ersten Teile deutlich stärker.

Insgesamt bildet "Zeitenwende" trotz einiger Schwächen einen würdigen Abschluss, den sich Hörer nicht entgehen lassen sollten, die die Trilogie bereits aufmerksam verfolgt haben. Carmen Korn liest gewohnt engagiert und lebendig aus ihrem Buch und trägt damit ebenfalls zum Gelingen des Hörbuchs bei.

Eine Hörprobe wird auf der Verlagsseite angeboten.