Im beschaulichen Provinzstädtchen Ludlow steht die Welt kopf. Der Diakon der örtlichen Kirchengemeinde hat sich offensichtlich erhängt, als er sich aufgrund des Verdachts auf Pädophilie in Polizeigewahrsam befand. Sein Vater, wohlhabend und mit guten Kontakten zu einflussreichen politischen Stellen ausgestattet, will dies nicht auf sich beruhen lassen und sorgt dafür, dass sich Scotland Yard den Abschlussbericht zum Fall vornimmt.

Was zunächst nach einer langweiligen Routinetätigkeit mit von vornherein klarem Ausgang aussieht, entwickelt sich jedoch bald zu einem sehr komplexen Fall. Denn in Ludlow scheint fast jeder etwas verbergen zu müssen, und die Ermittler Barbara Havers und Lynley stechen in ein üppiges Wespennest.

Zunächst sind es Sergeant Barbara Havers vom Scotland Yard und ihre sie verabscheuende Vorgesetzte Isabelle Ardery, die den Abschlussbericht der lokalen Polizei zu einem scheinbar banalen Fall im ländlichen Ludlow verifizieren sollen. Ein Diakon mit einem bestens vernetzten Vater wird erhängt aufgefunden, nachdem der Polizist, der ihn festgesetzt hat, zwischenzeitlich betrunkene Jugendliche aus einer Kneipe bugsiert und nach Hause gebracht hat. Fatal, dass dieser Suizid stattgefunden hat, als der Diakon, immerhin des Kindesmissbrauchs verdächtig, eigentlich unter polizeilicher Aufsicht stehen sollte.

Ardery, die mit privaten und infolge dessen mit Alkoholproblemen kämpft, möchte die Aufgabe einfach möglichst rasch erledigen und weist Havers an, ihren Bericht entsprechend zu verfassen, obwohl sie weiß, dass Havers auf Unstimmigkeiten gestoßen ist. Havers teilt ihrem unmittelbaren Chef DI Lynley ihre Bedenken mit. Ardery tobt, doch von höchster Stelle werden nun Havers und Lynley nach Ludlow beordert und kehren das Unterste zuoberst. Zu kehren gibt es erstaunlich viel in dem nur dem Anschein nach so lieblichen Städtchen.

Wer Strafe verdient … muss sich durch dieses Hörbuch quälen ...? Ganz so schlimm wird es nicht. Auch wenn Elizabeth George wieder einmal einen ihrer Romane gewaltig aufbläht – er entwickelt sich ganz ordentlich. Der Hörer sollte sich zwar auf eine Auswälzung von Arderys Suchtproblem gefasst machen, das aufgrund der ihm zugestandenen epischen Breite zunehmend nervt, und auch die Beziehungen zwischen ein paar mehr oder weniger – überwiegend weniger – studierenden Jugendlichen untereinander und ihren Familien sind so komplex ausgefallen, das der Blick auf den eigentlichen Fall immer wieder abhanden kommt. Ärgerlicherweise weiß der Hörer auch schon lange vor Schluss über den Täter und dessen Motivation Bescheid. Spannung ist grundsätzlich was anderes.

Lynley entwickelt sich in diesem Teil der Serie nicht wirklich weiter, Barbara hingegen schon, und wie sie sich in ihrer gewohnten Hartnäckigkeit im Sinne der Wahrheit gegen die zunehmend grässliche Ardery durchsetzt und dieser dennoch in einem Augenblick größter Versuchung völlig loyal bleibt, dabei jedoch in der ein oder anderen Hinsicht auch lockerer wird, erfreut den Fan der Reihe natürlich. Barbara bleibt ein wundervoller Charakter mit Ecken und Kanten, Lynley ein eleganter Gefangener seiner eigenen Dämonen. Netterweise tauchen am Ende flüchtig ein paar altvertraute, in letzter Zeit selten bemühte Figuren auf, die der Hörer vermisst haben könnte.

Insgesamt also erneut eine trotz der Kürzung ziemlich ausufernde Folge der Lynley-und-Havers-Reihe, doch scheint hier das von den ersten Teilen bekannte Potenzial der Autorin mal wieder deutlicher durch: Die komplexe Story, in der fast nichts so ist, wie es scheint, wirkt durchdacht und gut entwickelt, die Charaktere kommen plastisch und authentisch daher. Und am Ende steht ein Ausblick auf ein paar anstehende private Veränderungen bei mehreren Figuren. Sprecher Stefan Wilkening brilliert wie gewohnt und macht auch die Längen aushaltbar.

Reinhören ist auf der Verlagsseite möglich.