Als dem Kieler Rechtsmediziner Paul Herzfeld zwei ungewöhnliche Leichen präsentiert werden, scheint der Fall schon sonderbar genug: Da ist zum einen eine zerstückelte Frauenleiche in zwei Koffern, zum anderen ein nackter Mann, der einen abgetrennten Arm der toten Frau umklammert.

Doch auch weiterhin entwickelt sich die Lage höchst eigenwillig. Herzfelds Chef Prof. Schneider legt sich fast augenblicklich auf eine Machete als Tatwaffe fest, und bald darauf wird eine blutige Machete in einem Park gefunden. Dieses spezielle Stück dürfte, wie sich herausstellt, allerdings keinesfalls im Umlauf sein, denn es hat eine ganz besondere Geschichte.

Herzfeld beginnt engagiert und teilweise auf eigene Faust zu ermitteln und bringt damit seine Familie und sich selbst in höchste Gefahr. Denn der Täter weiß sehr viel mehr über ihn, als ihm lieb sein kann.

Eine eigenartige Konstellation an einem Leichenfundort, ein Chef, der vor Ehrgeiz geradezu über Leichen zu gehen scheint, eine im Grunde unmögliche Tatwaffe, ein Hausmeister, der offensichtlich mehr weiß, als dem Institut für Rechtsmedizin, seinem Arbeitgeber, recht sein kann: Paul Herzfeld steht vor einem Wirrwarr an Gegebenheiten, Informationen und vagen Hinweisen. Der Fall, der ihn nun absorbiert, spielt zehn Jahre vor "Abgeschnitten" und ist der erste Teil der Trilogie um den findigen und unerschrockenen Rechtsmediziner.

Tsokos, selbst vom Fach, und der Journalist Wolf-Ulrich Schüler haben in "Abgeschlagen" mehrere wahre Kriminalfälle mit verarbeitet. So kommt es zu einer Gratwanderung zwischen einem glaubwürdigen Thriller und dem "Zuviel", die gerade eben noch gelungen ist. Bereits sehr früh steht für den Leser fest, um wen es sich beim Täter handelt. Gerade deshalb mag mancher noch auf eine verblüffende Kehrtwendung warten, doch die wäre letztlich völlig unglaubwürdig. Also besteht die Spannung vor allem darin, wie es Herzfeld gelingen mag, den Psychopathen auszubremsen und zu überführen, der gewissenlos, umsichtig und trotzdem mit sehr viel Sinn für Drama und Fantasie für sein klar vorgegebenes Ziel mordet.
Dass Herzfeld und seine Familie in dessen Visier gelangen, kann da schlicht nicht ausbleiben, und dem kinoreifen Showdown kommt ein "richtiger" norddeutscher Winter entgegen, wie die Leser ihn wohl aus den letzen Jahrzehnten noch ganz gut kennen.

Protagonist Herzfeld überzeugt, sowohl in seiner Rolle als Wissenschaftler mit Neugier aufs Ermitteln als auch als Mensch. Tsokos hat ihm ein paar ebenfalls sehr authentische Figuren an die Seite gestellt, einen sehr pragmatischen Polizisten und eine Gast-Rechtsmedizinerin, die die Handlung beleben und vorantreiben.

Wie gesagt, das Buch schrappt haarscharf am - neudeutsch ausgedrückt - "Too Much" vorbei, doch der Autor bekommt die Kurve. Und so bietet "Abgeschlagen" trotz gelegentlicher fast langweiliger Passagen, die zum Glück nie allzu lange anhalten, reichlich spannende Unterhaltung. Wahrlich großes (Kopf-)Kino.

Eine Leseprobe wird auf der Verlagsseite angeboten.