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Zusammen mit ihrem Ehemann, einem Kriegsreporter, ist Copper aus den USA nach Paris gekommen. Der Zweite Weltkrieg neigt sich seinem Ende zu, Paris wurde gerade befreit. Copper, von den ständigen Seitensprüngen ihres Mannes zermürbt und wenig begeistert davon, lediglich im Namen von dessen dauerbetrunkenem Freund und Kollegen Fotoreportagen zu verfassen, hadert mit ihrem Schicksal.
Zufällig lernt sie Christian Dior kennen, einen hoch begabten Schneider, der das Potenzial hat, ein eigenständiger Modeschöpfer zu werden, den Sprung in die Selbstständigkeit jedoch scheut. Die beiden so unterschiedlichen Menschen verbindet rasch eine enge Freundschaft, aus der Copper die Kraft schöpft, sich von ihrem Mann zu trennen und Reportagen für amerikanische Zeitschriften zu schreiben.
Leicht wird es nicht, auch im privaten Bereich. Denn Copper verliebt sich sowohl in den russischen Geheimagenten Henry Velikovsky als auch in die bisexuelle Halbweltdame Suzy Solidor. Und immer wieder holt die Vergangenheit sie ein.
Mit der Befreiung von Paris durch die Alliierten ist längst noch kein Frieden in Europa eingekehrt, und Kriegsreporter wie Coppers Mann finden nach wie vor ein reiches Betätigungsfeld. Copper, Amerikanerin einfacher, irischer Herkunft, sucht in diesem Paris ihren Platz im Leben und findet ihn in einem spannungsgeladenen Dreieck zwischen ihrem Kontaktmann zu der Zeitschrift "Harper's Bazaar", dem russischen Grafen Velikovsky, und der Nachtclubsängerin Suzy Solidor, die ihr offen den Hof macht, sowie dem homosexuellen Christian Dior, der so viel schöpferisches Talent, aber nicht annähernd so viel Mut besitzt.
Copper sucht nach ihrem Weg. Marius Gabriel begleitet seine fiktive Heldin dabei, wie sie durch die Zeitgeschichte spaziert, anfangs sehr authentisch ohne jeden Schutz. Dann aber läuft alles irritierend rund für sie, und sogar kleine Eintrübungen sind voraussehbar ohne Folgen. Dieses allzu Glatte stellt auch den einzigen Kritikpunkt am Roman dar: Zu jener Zeit, gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, hätte das kaum so funktioniert.
Andererseits zeigt Gabriel das Paris Mitte der Vierziger-Jahre mit den unterschiedlichsten Facetten und enorm "griffig" auf – das Leben der nach wie vor Reichen und Vornehmen, die immer noch an Luxusgüter herankommen, ebenso wie die Versuche der von der Unterschicht gestützten Kommunisten, einen Umsturz herbeizuführen, und das Lavieren jener, die sich mittendrin befinden. Im Roman beschaffen sich Dior und Copper mit viel Aufwand und Geschick einige Meter Seide, eine Mangelware, da sie im Krieg von den Deutschen zur Herstellung von Fallschirmen konfisziert wurde.
Zu einer wichtigen Figur wird zudem Diors Schwester Catherine, die ihre Haft im Konzentrationslager nur knapp überlebt hat. Persönlichkeiten wie Hemingway und Christian Bérard haben ihren Auftritt. Alle wirken authentisch, sind fassbar, nahbar, wunderbar. Über dem Roman liegt ein besonderer Zauber. Und dieser übertüncht auch die - wie erwähnt - nach einiger Zeit allzu lineare, vorhersehbare Handlung.
Ein stimmungsvoller Roman mit gut recherchiertem Hintergrund und interessanten Charakteren. Gelungene Unterhaltung, angemessener Gehalt. Klare Empfehlung!
Eine Leseprobe wird auf der Verlagsseite angeboten.